Der ehemalige Anleihen-König Bill Gross unterbrach am vergangenen Freitag für ein 18-minütiges Interview auf Bloomberg TV seinen Ruhestand und erklärte, dass die Aktien- und Anleihe-Bullen derzeit falsch liegen. "US-Aktien und US-Anleihen sind überbewertet."

Der ehemalige Chief Investment Officer der Vermögensverwaltungsgesellschaft Pimco erwartet gleichzeitig, dass die Inflation künftig bei etwa 3 Prozent liegen und die amerikanische Notenbank Fed den zulässigen Inflationsrahmen von 2 auf 3 Prozent anheben wird. Dies würde bedeuten, dass die Fed die Zinserhöhungen stoppen oder gar Zinssenkungen in Betracht ziehen könnte, sollte das Niveau von 3 Prozent Inflation demnächst erreicht werden. 

Bezüglich Obligationenrendite hat Gross klare Vorstellung: "Der faire Wert der Rendite 10-jähriger Staatsanleihen liegt bei etwa 4,5 Prozent, verglichen mit dem aktuellen Niveau von etwa 4,16 Prozent." Er wies im Interview darauf hin, dass die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen in der Vergangenheit normalerweise etwa 135 Basispunkte über dem Leitzins gehandelt wurden. "Natürlich entspricht der aktuelle Markt alles andere als einem historischen Präzedenzfall". Selbst wenn die Fed die Zinssätze auf etwa 3 Prozent senke, bleibe die aktuelle 10-Jahres-Rendite angesichts des historischen Zusammenhangs immer noch zu niedrig.

Der ehemalige Pimco-Mitbegründer glaubt auch, dass das explodierende US-Staatsdefizit den Angebotsdruck auf den Anleihemarkt erhöhen und die Renditen in die Höhe treiben wird. "An alle Bullen in Sachen Staatsanleihen: Ich denke, eure Argumente sind etwas fehl am Platz. Wir kehren zu einer angemessenen Bewertung längerfristiger US-Schuldverschreibungen und Anleihen zurück.“

Verlangsamung des Konsums wahrscheinlich

Die höheren Zinsen seien als Zeichen einer gesunden Wirtschaft einzuordnen. Die Auswirkungen der Realrenditen auf das Wirtschaftswachstum und die Inflationskontrolle dürften aber nicht unterschätzt werden. Eine Verlangsamung des Konsums aufgrund steigender Realzinsen und der Auswirkungen früherer Fiskalprogramme sei wahrscheinlich. 

Die Divergenz zwischen Realzinsen und zukünftigen Kurs-/Gewinnverhältnis-Multiplikatoren sei noch nie so gross gewesen wie heute. Der Bond-König ist pessimistisch und betont, dass die Aktienrisikoprämie - sprich die Differenz zwischen den Gewinnrenditen und den Anleiherenditen - auf den Tiefststand der letzten zwei Jahrzehnte gesunken sei. Das deute darauf hin, dass Aktien zu teuer sind.

Gross hat kürzlich seine Bestände an Regionalbanken nach der jüngsten Rallye wegen den veränderten Marktbedingungen verkauft. Mit Blick auf die Zukunft ist der frühere Anleihen-König überzeugt, dass Energiepipeline-Partnerschaften - sogenannte MLP's -  derzeit als sehr attraktiv einzustufen sind. Diese offerieren hohe und vor allem steuerbegünstigte Renditen.

(cash/Bloomberg)