Die Börsen feiern in der nächsten Woche einen besonderen Geburtstag. Die aussergewöhnliche Rallye an den Aktienmärkten wird ein Jahr alt. Seit dem 5. Juni 2012 steigen die Börsen fast non-stopp. Der Swiss Market Index (SMI) hat in den letzten zwölf Monaten gegen 40 Prozent zugelegt, der deutsche Dax 30 Prozent, der Dow Jones in den USA 23 Prozent.

"So etwas habe ich in dieser Form noch nicht erlebt", sagt auch cash-Guru und Börsen-Urgestein Alfred Herbert im cash-Börsen-Talk. "Das billige Geld, mit dem die Notenbanken den Markt fluteten, zwangen und zwingen die Anleger die Renditen bei Aktien zu suchen. Denn in anderen Anlageklassen sind kaum noch Erträge zu holen."

Getrieben wurde die Rallye von der Niedrigzinspolitik der wichtigsten Notenbanken weltweit und der Aussicht, dass die Geldschwemme noch eine Weile andauern wird. Für Unterstützung sorgte auch EZB-Chef Mario Draghi, der im Juli und im September 2012 mit zwei Statements die bedingungslose Verteidigung des Euros proklamierte.

Allerdings stecken die Börsen seit etwas mehr als einer Woche im Korrektur-Modus. In den letzten fünf Handeltagen verlor der SMI bis 5 Prozent und fiel am Donnerstag unter die Marke von 8000 Punkten, die er noch Anfang Mai im Aufwärtsschwung durchbrochen hatte. Die Aktie von Nestlé etwa gab in den letzten zwei Wochen rund 10 Prozent nach, diejenige von Swiss Re gar bis 15 Prozent.

Warum die Korrektur?

Die Probleme in der Euro-Zone und die weiterhin schwächelnde Weltkonjunktur sind an den Märkten wieder ein Thema, ebenso die deftigen Korrekturen am japanischen Aktienmarkt. ."Die Anleger werden nervös", stellt Herbert fest. Die erhöhte Nervosität spiegelt sich auch im "Angstindikator" VSMI wieder, der die Volatilität im Markt misst und diese Woche auf über 18 Punkte gestiegen war nach rund 14 Punkten noch Anfang der Vorwoche.

Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) schreibt in einer Notiz Ende Woche, dass die Korrektur nur vor kurzer Dauer sei und dass die Aktienmärkte bald wieder steigen würden. Grund: Anleger, welche die Hausse bislang verpasst hatten, würden die Korrektur zum Einstieg nutzen und den Börsen damit weiteren Schub verleihen.

Herbert kann nicht genau einschätzen, wie lange die Korrektur an den Märkten dauert. Allerdings lässt er durchblicken, dass man mit einem Einstieg in grösserem Umfang noch zuwarten könne. "Anleger könnten warten, bis ein Ausverkauf kommt mit grossen Handelsvolumen, die doppelt oder dreifach so hoch sind wie die üblichen Zahlen", so Herbert. "Es muss ein grosses, bereinigendes Gewitter kommen, damit man an den Märkten wieder hinstehen kann. Es wäre schön, wenn das käme".

Auf die Frage , ob er den SMI derzeit leer verkauft - das heisst: auf einen sinkenden Kurs wetten -, sagt Herbert: "Das habe ich in der Vergangenheit immer wieder getan. Aber derzeit mache ich gar nichts."

Im cash-Börsen-Talk äussert sich Alfred Herbert auch zur Zentralbankenpolitik und zum weiteren Verlauf des Frankenkurses zum Euro.