Brasilien will als Gastgeber des anstehenden Finanzministertreffens der G20-Staaten Insidern zufolge besonders strittige Punkte ausklammern. Der Fokus solle auf Themen liegen, bei denen es einen Konsens geben könne, sagten mehrere mit den Vorbereitungen vertraute Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Vor allem die Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen dürften damit zur Seite geschoben werden. Stattdessen soll es vor allem um Fragen der Verschuldung und Hilfen für besonders arme Staaten gehen.

Die Finanzminister und Notenbankchefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) treffen sich diese Woche in der brasilianischen Metropole Sao Paulo. Haupttage dabei sind Mittwoch und Donnerstag. Brasilien bereitet den Insidern zufolge ein deutlich kürzeres Abschlusskommunique vor, als dies sonst üblich ist. An den Entwürfen werde derzeit noch gearbeitet, so die Regierungsvertreter. In dem Dokument solle auf das Risiko einer zunehmenden globalen Spaltung und nur sehr allgemein auf Konflikte wie die Ukraine oder Gaza verwiesen werden - ohne konkrete Verweise auf Russland oder Israel.

Die G20-Treffen wurden in den vergangenen Jahren immer wieder von geopolitischen Konflikten überschattet. Unter der G20-Präsidentschaft von Indien und zuvor Indonesien war dabei oft keine gemeinsame Linie möglich. Die Gastgeber behalfen sich dann mit einer eigenen Zusammenfassung der Treffen und zeigten auf, wo es keinen Konsens gab. Diesen verhinderten meist Russland und China im G20-Kreis. Das Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen wird aber in weiteren Ländern kritisch gesehen, beispielsweise in Südafrika.

Beim Treffen der G20-Aussenminister vergangene Woche in Rio de Janeiro herrschte lediglich Einigkeit, dass es im Nahost-Konflikt zu einer Zwei-Staaten-Lösung kommen müsse. Zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gab es keine gemeinsame Haltung.

Brasilien will diese Woche den Schwerpunkt auf wirtschaftspolitische Themen setzen, etwa den Umgang mit überschuldeten Staaten und weniger Ungleichheit in der Welt. Das Treffen findet zu einer Zeit statt, in der die Weltwirtschaft vergleichsweise langsam wächst und die Inflation nicht schnell genug eingegrenzt werden könnte, was weiter hohe Zinsen bedeuten würde. Ein Insider aus dem G20-Kreis sagte, wegen der bevorstehenden US-Präsidentenwahl und der Wirtschaftsschwäche Europas wollten die Schwellenländer eine stärkere Duftmarke hinterlassen. «Es geht darum, mehr Geld aus den Industrieländern in die Schwellenländer umzuschichten.» 

(Reuters)