Die hohe Inflation in Grossbritannien zwingt die Bank von England (BoE) zu einer immer strafferen Zinspolitik. Die Währungshüter um BoE-Chef Andrew Bailey erhöhten den geldpolitischen Schlüsselsatz am Donnerstag um einen Viertel-Prozentpunkt auf 4,50 Prozent. Dies ist das höchste Niveau seit 2008. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit der Erhöhung gerechnet. Es war bereits die zwölfte Anhebung in Folge. Mit immer höheren Zinsen versucht die Notenbank, die alarmierend hohe Teuerung auf der Insel in den Griff zu bekommen. Die Inflationsrate ist mit zuletzt 10,1 Prozent die höchste in Westeuropa: Sie liegt in Großbritannien als einzigem Land in der Region im zweistelligen Bereich.

Die BoE wandelt mit der Zinserhöhung auf den Spuren der Federal Reserve in den USA, die angesichts weiter eingedämmter Inflationsgefahren jedoch auf eine Pause zusteuern dürfte. Ob die Notenbank in London in puncto geldpolitischer Straffung nun bereits das Ende der Fahnenstange erreicht hat, bleibt hingegen ungewiss. In der BoE war die aktuelle Erhöhung umstritten - mit Swati Dhingra and Silvana Tenreyro votierten zwei Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses für gleichbleibende Zinsen.

Die Experten der US-Investmentbank Goldman Sachs gehen davon aus, dass die Zinsen noch weiter steigen werden - auf bis zu 5,0 Prozent im August. Der weiterhin hohe Inflationsdruck spreche ebenso dafür wie die relativ robuste Wirtschaft, die nicht in die von vielen Ökonomen befürchtete Rezession abgerutscht sei.

Auch die Notenbank rechnet nun nicht mehr mit einer solchen Talfahrt der Wirtschaft. Doch zugleich erwartet sie, dass die Inflation langsamer sinken wird als erhofft. "Sollte es Anzeichen für einen anhaltenderen Druck geben, wäre eine weitere Straffung der Geldpolitik erforderlich", erklärte die BoE und behielt damit die geldpolitische Orientierungslinie für die Finanzmärkte bei, die sie bereits im Februar und März ausgegeben hatte.

Ein Teil des Inflationsschubs geht auf die starke Abhängigkeit des Landes von importiertem Erdgas zur Energiegewinnung zurück, das sich infolge des Ukraine-Krieges stark verteuert hat. Dieser statistische Effekt dürfte in den Teuerungszahlen der kommenden Monate eine weniger grosse Rolle spielen. Doch die jüngsten Tarifrunden lassen in der Notenbank die Sorge aufkommen, dass sich erhöhter Lohndruck aufbaut und sich die Inflation in der Wirtschaft auf breiter Basis festsetzen könnte.

(Reuters)