Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, teilte den Staats- und Regierungschefs am Mittwoch in einem Brief mit, dass die Kommission andere "Finanzierungsquellen prüfen wird, um die Schlagkraft von REPowerEU zu erhöhen", der Initiative des Blocks zur Verringerung seiner Abhängigkeit von Energie aus Moskau.

In Berlin, aber auch in Den Haag, Wien und Kopenhagen stehen die Regierungen den Versuchen Brüssels zur gemeinsamen EU-Geldbeschaffung traditionell skeptisch bis ablehnend gegenüber. Doch die Aufforderung von der Leyens, eine Finanzierung auf EU-Ebene zu erwägen, verweist auf die unbeantwortete Frage, wie die Mittel dafür aufgebracht werden sollen, die Union ohne russisches Gas über die nächsten Winter zu bringen.

Noch ist unklar, ob die Union die Ausgabe neuer gemeinsamer Schuldtitel in Erwägung ziehen oder andere Wege der Mittelbeschaffung suchen wird.

Von der Leyens Brief kommt einen Tag vor einem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Prag, bei dem die Energiekrise erörtert werden soll. Erst vor wenigen Tage hat die Bundesregierung ein 200-Milliarden-Euro-Paket angekündigt, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der steigenden Gaspreise einzudämmen - ein Plan, der bei manchen Nachbarn auf Kritik gestoßen ist, weil er den EU-Binnenmarkt untergraben könnte.

Von der Leyen betont in ihrem Schreiben, dass "wir gleiche Wettbewerbsbedingungen ohne Verzerrungen des Binnenmarktes bewahren und im Geiste einer verstärkten Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten und mit unseren Nachbarn gemeinsam handeln müssen".

Hinter verschlossenen Türen erörterte die EU-Kommission am Mittwoch die Frage, ob die EU zusätzliche gemeinsame Mittel bereitstellen muss, um das Risiko einer Fragmentierung des Marktes zu vermeiden, berichten mit der Angelegenheit vertraute Personen.3

Zapft Brüssel die Finanzmärkte an?

Die Kommission erwägt, sich für die Energiewende ebenso an die Finanzmärkte zu wenden, wie sie es während der Covid-19-Krise getan hat. Das sei jedoch nur eine der Ideen, die in Betracht gezogen werden, so ein EU-Beamter. Die Kommissare Paolo Gentiloni und Thierry Breton hatten Anfang dieser Woche in der FAZ vorgeschlagen, dass die EU dem Modell des SURE-Instruments folgen könnte, einem kreditbasierten Mechanismus, bei dem Brüssel die Finanzmärkte anzapfte, um den Mitgliedstaaten bei der Zahlung von Arbeitslosenunterstützung während der Pandemie zu helfen.

Die Kommission könnte die Einzelheiten des Mechanismus noch in diesem Monat klären, je nach dem Ergebnis der Diskussion der Staats- und Regierungschefs, sagte ein EU-Beamter. Kritiker sind jedoch nicht davon überzeugt, dass die EU neue Finanzmittel benötigt, da sie immer noch über eine beträchtliche Menge an nicht ausgegebenen Geldern verfügt, sowohl im regulären EU-Haushalt als auch bei den Mitteln aus der Pandemiezeit.

(Bloomberg)