Am 13. Dezember steht die Gesamterneuerungswahl des Bundesrats an. Ausser Berset stellen sich die übrigen sechs Regierungsmitglieder zur Wiederwahl. Der zweite SP-Sitz ist rechnerisch nicht umstritten. Mit dem Bündner Nationalrat Jon Pult und dem Basler Regierungspräsidenten Beat Jans schicken die Sozialdemokraten zwei Kandidaten ins Rennen. Läuft alles normal und bleiben parteipolitische Spielchen aus, wird einer der beiden Berset beerben.
Spannend wird es dann, wenn vor der Ersatzwahl für Berset - sie findet am Schluss der Gesamterneuerung statt - eine unkontrollierbare Dynamik entstünde. Das könnte etwa dann der Fall sein, wenn der Angriff der Grünen auf einen FDP-Sitz von vielen unterstützt wird. Oder wenn plötzlich eine inoffizielle Mitte-Kandidatur den Sitz von FDP-Aussenminister Ignazio Cassis strittig macht.
Bislang haben sich alle Bundesratsparteien dahingehend geäussert, dass alle amtierenden Regierungsmitglieder wiedergewählt werden sollen. Falls sich die Mitglieder der grossen Fraktionen an dieses Credo halten, wird die Kandidatur des Freiburger Grünen-Nationalrats Gerhard Andrey chancenlos sein. Es wäre der zweite erfolglose Versuch der Grünen, in den Bundesrat zu kommen - nachdem Regula Rytz vor vier Jahren gescheitert war.
Stimmen für Ticketlose nicht ausgeschlossen
Weil die Wahlen geheim sind, ist nicht ersichtlich, wer von wem Stimmen erhält. Das macht den Wahltag zuweilen unberechenbar. Auch wenn die meisten Fraktionen vor den Wahlen ihre Präferenzen öffentlich bekanntgeben - daran halten muss sich niemand.
Als es vor einem Jahr um die Nachfolge von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga ging, waren Eva Herzog und Elisabeth Baume-Schneider als offizielle Kandidatinnen gesetzt. Ständerat Daniel Jositsch erhielt dennoch 58 Stimmen. Auch dieses Mal wird spekuliert, dass einige Bürgerliche ihre Unzufriedenheit über das offizielle SP-Ticket ausdrücken und Jositsch auf den Zettel schreiben werden.
Zu Anhörungen eingeladen werden als Berset-Nachfolger aber nur Jans und Pult. Sie werden am (morgigen) Montag vor der Konferenz der bäuerlichen Parlamentarierinnen und Parlamentarier auftreten, einem wichtigen Gremium mit rund vierzig Mitgliedern. Baume-Schneider holte vor Jahresfrist dem Vernehmen nach vor allem viele Stimmen von bauernnahen Vertreterinnen und Vertretern - und schaffte so die Überraschung gegen Herzog.
Am Dienstag, 5. Dezember, folgen dann die ersten Hearings bei den Parlamentsfraktionen. Jans und Pult werden von der SVP, der FDP, den Grünen und den Grünliberalen angehört. Eine Woche später folgt der Auftritt bei der Mitte-Fraktion. Andrey wird derweil nur von der GLP (5. Dezember) und der SP (12. Dezember) angehört.
Offenes Rennen um Thurnherr-Nachfolge
Am 13. Dezember wird neben dem siebenköpfigen Regierungsgremium auch der «achte Bundesrat» neu gewählt. Es geht um die Nachfolge von Walter Thurnherr als Bundeskanzler. Das Rennen ist momentan offen.
Drei der vier Bundesratsparteien verzichteten im Vorfeld auf eine Kandidatur. Auch die Mitte, die mit Thurnherr und zuvor Corina Casanova das Bundeskanzler-Amt seit 2008 besetzte, erhebt keinen Anspruch mehr darauf. Mittelfristig strebt die Mitte dafür einen zweiten Bundesratssitz an.
Im Rennen ums Kanzler-Amt sind zurzeit die zwei SVP-Vorschläge Gabriel Lüchinger (SG) und Nathalie Goumaz (VD) sowie der GLP-Kandidat und heutige Vizekanzler Viktor Rossi (BE). Auch Lukas Gresch-Brunner (parteilos), heute Generalsekretär des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI), will die Nachfolge von Thurnherr antreten.
Die Fraktionen werden diese Kandidierenden ebenfalls in den nächsten zehn Tagen anhören.
(AWP)
1 Kommentar
Im Prinzip sind diese Bundesratswahlen eine Farce und gegenüber dem Stimmvolk eine absolute Frechheit. Da wählen 49 SP-Mitglieder 2 von den 6 BR-Kandidaten aus und bestimmen somit, dass die Vereinigte Bundesversammlung entweder den Pult oder Jans wählen soll/muss. Dies ist alles andere als demokratisch, vor allem wenn in der BV steht, dass jeder Parlamentarier nach seinem FREIEN Willen abstimmen soll. Wenn dann noch gewisse Parteipräsidenten blödsinnigerweise herumposaunen, dass man keinen amtierenden BR abwähle ist das nochmals eine Frechheit gegenüber dem Schweizer Stimmvolk. Diese Erneuerungswahlen sind dazu da, unfähige Bundesräte*innen abzuwählen, bzw. nicht mehr erneut zu wählen. Einen Juso-BR zu wählen, wäre sowieso (schon vom Gedankengut her) eher systemfremd. Wenn Pult (39) 3 oder 4 Legislaturperioden als BR leistet, müssen wir ihn noch 20 bis 25 Jahre als altBR-Rentner durchfüttern. Ich hoffe sehr, dass sich das Parlament genau überlegt, wen es bei diesen Erneuerungswahlen als BR oder BRin wählt, denn mind. 1/1 BRin müssten wegen miserabler Arbeit abgewählt werden.