Im Juni letzten Jahres war die Euphorie gross: Das Parlament in Kanada verabschiedete ein Gesetz, das den privaten Gebrauch und Verkauf von Cannabis legalisierte. Als dann klar wurde, dass es ab Oktober frei Fahrt für Cannabis heissen wird, führte dies bei Anlegern zu rauschartigen Aktienkäufen von diversen Unternehmen, die von dem Trend profitieren.

Zwischen August und Ende Oktober 2018 schoss der Global Cannabis Giants Index um rund 100 Prozent in die Höhe. Dieser Index führt die 20 grössten börsennotierten Unternehmen, die direkt mit dem Cannabis-Geschäft ihre Umsätze machen. Wer schon früher in die richtigen Cannabis-Aktien investiert hat, konnte seitdem einiges mitnehmen. Allein seit 2016 konnte der Kurs des heutigen Branchenführers Canopy Growth um knapp 2000 Prozent wachsen.

Performance des Global Cannabis Giants Index seit Juli 2018, Quelle: www.bitadata.com

Doch just nach dem letzten Hype im Oktober kam die grosse Korrektur an den Märkten. Bis Ende des Jahres verlor der Index sogar mehr als er durch die vorherige Hype-Phase gewonnen hatte (siehe Chart). Ab Anfang Januar konnten die Kurse sich dann wieder erholen. Analysten bewerten diese Periode als Korrektur-Phase, in der die Branche neu bewertet wurde.  

Wo stehen wir?

Doch wo stehen wir jetzt? Fakt ist, dass die Branche ein enormes Potenzial birgt, welches nicht ansatzweise ausgeschöpft ist. In immer mehr Ländern wird Cannabis entkriminalisiert, vielerorts ist die Nutzung zu medizinischen Zwecken bereits erlaubt. Weitere Länder werden folgen.

Schätzungen von Analysten über das Marktpotenzial der Cannabis-Branche liegen bei rund 180 Milliarden Dollar. Aus Cannabis werden Pflegeprodukte gemacht, es wird in Zigaretten geraucht und in der Medizin verwendet. Allein das Marktpotenzial für die Medizinbranche schätzen Analysten auf 100 Milliarden Dollar.

Die grössten Player in der Branche heissen Canopy Growth, Tilray, Aurora Cannabis, GW Pharmaceuticals und Aphria. Bis auf GW Pharmaceuticals (Grossbritannien) sind alle Firmen in Kanada beheimatet.

Aurora im Fokus

Besonders Aurora - derzeitige Nummer Zwei hinter Weltmarktführer Canopy Growth - erfährt dieser Tage eine breitere Unterstützung durch Analystenberichte. Zuletzt haben die Häuser Morningstar und Cowen frische Kaufempfehlungen für den auf die Medizin fokussierten Cannabis-Produzenten veröffentlicht. Hervorgehoben werden die gute Marktposition, die sich Aurora mit der Zeit erarbeitet hätte sowie die breit ausgebauten Produktionskapazitäten. Dadurch sei das Unternehmen exzellent positioniert, um vom zukünftigen Wachstum der Branche zu profitieren.

Laut dem Investmenthaus Cowen spricht aber noch etwas für die Aurora-Aktie: Sie sei der einzige Titel in der Branche, der in naher Zukunft Gewinne in Aussicht stellt. Während eine Reihe von Konkurrenten kommunizieren, noch einen langen Weg bis zu Profitabilität vor sich zu haben, hat das Unternehmen aus dem kanadischen Edmonton laut Cowen Chancen, bereits im vierten Quartal 2019 ein positiven EBITA zu erzielen.

Sorgen über hohe Lagerbestände

Allerdings: Es gibt auch warnende Stimmen. Viele Analysten sorgen sich vor allem wegen der hohen Lagerbestände, die sich bei den Produzenten angesammelt haben. Laut Erhebungen des kanadischen Gesundheitsministeriums haben sich die Lagerbestände von getrocknetem Cannabis im ersten Quartal 2019 um 60 Prozent erhöht.

Für auf Sicherheit bedachte Anleger sind Cannabis-Aktien derzeit eher keine Alternative. Dafür sind die kurzfristigen Aussichten der Branche zu ungewiss und volatil. Für Zocker bieten sich kurzfristige Einstiegsmöglichkeiten. Relativ sicher scheint indes, dass Cannabis langfristig ein Wachstumsmarkt ist. Wer einen langen Atem hat, Geduld mitbringt und sich von zwischenzeitlichen Rückschlägen nicht verunsichern lässt, kann jetzt schon einsteigen.