Von der Tendenz her sei für das laufende Jahr zu erwarten, dass sich die Energiepreise zurückentwickelten, sagte die Münchner Ökonomin am Dienstag im Gespräch mit Reuters TV. Dementsprechend sei auch damit zu rechnen, dass sich die Lage an der Preisfront etwas entspanne: "Wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, dann sollten wir jetzt den Höhepunkt überschritten haben", sagte Schnitzer.

Die Verbraucherpreise waren 2022 so stark gestiegen wie noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik. Die Inflationsrate stieg wegen teurer Energie und Lebensmittel infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine um durchschnittlich 7,9 Prozent. Niedrigere Energiepreise und die staatliche Abschlagszahlung für Erdgas liessen die Verbraucherpreise im Dezember allerdings nur noch um 8,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat klettern. Im November war die Teuerungsrate auf 10,0 Prozent gefallen, nachdem sie im Oktober mit 10,4 Prozent auf den höchsten Stand seit 1951 gestiegen war.

Die Europäische Zentralbank (EZB) steht laut Schnitzer vor einer schwierigen Gratwanderung: "Man muss mit Augenmass agieren", ergänzte sie. Wenn sich die Inflationslage entspanne, müssten die Währungshüter darauf achten, dass sie beim Zinskurs nicht übersteuerten. Denn die Zinserhöhungen wirken mit zeitlicher Verzögerung. Mit Blick auf die nächste Zinssitzung gebe es keine Veranlassung, die Zinsen um mehr als einen halben Prozentpunkt anzuheben: "Wenn sich nicht irgendetwas dramatisch verändert", fügte die Top-Ökonomin hinzu.

Die EZB hatte im Dezember auf ihrem Zinserhöhungskurs den Fuss etwas vom Gas genommen und die Schlüsselzinsen um 0,50 Prozentpunkte erhöht. EZB-Präsidentin Christine Lagarde stellte weitere Zinsanhebungen in Aussicht. Der an den Finanzmärkten massgebliche Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder erhalten, liegt aktuell bei 2,00 Prozent. Die nächste EZB-Zinssitzung steht am 2. Februar an.

(Reuters)