Eine Gruppe von Anlegern, die den Tiefpunkt der Börse im März richtig eingestellt hat, ist während des aktuellen Ausverkaufs noch nicht auf Schnäppchenjagd. Stattdessen geben all jenen ein bedrohliches Signal, die bei tieferen Kursen zugekauft haben.

Führungskräfte und leitende Angestellte von S&P-500-Unternehmen sind in den letzten vier Wochen damit beschäftigt gewesen, Aktien ihrer eigenen Unternehmen loszuwerden. Verkäufe nahmen gegenüber Käufen so stark zu wie seit 2012 nicht mehr. 

Die Massnahmen der Top-Manager - die wahrscheinlich am besten über ihre eigenen Geschäfte informiert sind - sind kaum ermutigende Nachrichten im Markt. Der S&P 500 erlebt den schlechtesten September seit der globalen Finanzkrise. Der Einbruch des Index um 2,4 Prozent gestrigen am Mittwoch vergrösserte seinen Abstand zum Rekord vom 2. September auf 9,6 Prozent. Auf Jahresanfangssicht ist der Index kaum verändert.

Abstimmung mit den Füssen

Insider haben letzte Woche Aktien im Wert von 975 Millionen US-Dollar verkauft, mehr als doppelt so viel wie in der Vorwoche. Die Zukäufe stiegen um nur rund 10 Prozent auf 11 Millionen Dollar. Microsoft-Finanzchefin Amy E. Hood gehört zu den Führungskräften, die diesen Monat Aktien verkauft haben.

Der Anstieg der Verkäufe ist eine deutliche Abkehr von der "Dip-Kauf-Mentalität", die im März bei Unternehmensinsidern zu beobachten war. Damals fielen Aktien in den schnellsten Bärenmarkt aller Zeiten. Im Moment ist der S&P 500 billiger als vor drei Wochen, aber es ist immer noch nicht das Schnäppchen, das er im März war.

Mit dem 21-fachen des prognostizierten Gewinns liegt die Bewertung des S&P 500 mehr als zwei Punkte unter dem Niveau vom 2. September, als eine fünfmonatige Rallye von 60 Prozent die Kurs-Gewinn-Verhältnisse auf den höchsten Stand seit der Dotcom-Ära gebracht hatte. Im März hatte die Quote unter 14 gelegen.

Hohe Risiken

Damals habe in der Tat eine gute Kaufgelegenheit bestanden, sagt Candice Bangsund, Portfoliomanagerin bei Fiera Capital. Es sei zu erwarten gewesen, dass sich die Wirtschaftstätigkeit dank der "rechtzeitigen und durchsetzungsfähigen" Reaktion der politischen Entscheidungsträger schnell erholen würde. "Es ist wahrscheinlich jetzt eine Bewertungsgeschichte, bei der die Zahlen nachlassen - zumal sich viele Unternehmen seit den Tiefstständen im März so stark erholt haben", sagt Bangsund.

Darüber hinaus gibt es eine lange Liste von Makrorisiken. Das gehören schwindende Chancen auf ein neues Konjunkturpaket im amerikanischen Kongress, besorgniserregende Coronavirus-Trends weltweit und verstärkte Spannungen zwischen den USA und China. Ganz zu schweigen von den Präsidentschaftswahlen im November. All dies kann die aufkeimende wirtschaftliche Erholung gefährden.

"Es gibt dieses Gefühl des Zögerns und der Pause unter den Konzernmanger", sagt Kevin Caron, Portfoliomanager bei Washington Crossing. Diese warteten eine Reihe von Unsicherheiten ab, die angesichts relativ hoher Bewertungen bestünden. "Unternehmer, CEOs und Investoren befinden sich jetzt in dieser Phase."

(Bloomberg/cash)