Der Warenaustausch mit der weltgrössten Volkswirtschaft summierte sich von Januar bis Juni auf rund 127 Milliarden Euro, während Exporte und Importe mit der Volksrepublik knapp 122 Milliarden Euro ausmachten. Das geht aus Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters auf Basis von vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes hervor. 2023 war die Volksrepublik mit einem Handelsvolumen von rund 253 Milliarden Euro das achte Jahr in Folge die Nummer 1 geblieben - allerdings nur mit wenigen Hundert Millionen Euro Vorsprung vor den USA.

«Beim gesamten Handelsvolumen, also der Summe aus Ein- und Ausfuhren, haben die USA China in der ersten Jahreshälfte nunmehr überholt», sagte die Aussenhandelsexpertin der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Lola Machleid, zu Reuters. «Aufgrund der bis zuletzt resilienten US-Konjunktur haben die Exporte in die Vereinigten Staaten zugenommen.»

Insgesamt wuchsen die deutschen US-Exporte in den ersten sechs Monaten des Jahres um 3,3 Prozent auf fast 81 Milliarden Euro. Das China-Geschäft schrumpfte hingegen um fast drei Prozent auf gut 48 Milliarden Euro.

Neben der bisher starken US-Wirtschaft spielen aber auch langfristige Effekte eine Rolle. «Deutsche Unternehmen haben in der Vergangenheit massiv in China investiert und produzieren nun für den chinesischen Markt vor Ort», erläuterte Commerzbank-Ökonom Vincent Stamer. «Damit kommen die Unternehmen drohenden Handelsbeschränkungen zuvor.» Gleichzeitig reisse das eine Milliardenlücke in die deutsche Exportwirtschaft – vor allem in die Exporte nach China.

Die Importe aus der Volksrepublik brachen sogar um knapp acht Prozent auf 73,5 Milliarden Euro ein. Die anhaltende wirtschaftliche Schwäche in Deutschland, die Konsumzurückhaltung, aber auch der Wunsch nach stärkerer Diversifizierung der Lieferketten in der Industrie hätten dazu beigetragen, sagte Machleid. Die Einfuhren aus den USA gaben dagegen nur um 3,4 Prozent auf 46,1 Milliarden Euro nach - gestützt durch die Lieferung von Energierohstoffen wie Flüssigerdgas, sagte die Expertin.

«Angesichts der gegenwärtigen geopolitischen Unsicherheiten sowie der ungewissen weiteren konjunkturellen Entwicklung, nicht nur in den USA und in China, sondern auch hierzulande, ist schwer prognostizierbar, wie sich das Kopf-an-Kopf-Rennen weiter entwickeln wird», sagte die DIHK-Expertin. «Deutsche Unternehmen sind in beiden Märkten sehr aktiv.» Umso wichtiger sei es gerade für eine international so verflochtene Volkswirtschaft wie Deutschland, einen Handelsstreit und die Entstehung neuer Handelshemmnisse zu verhindern.

Der Warenhandel ist nach den Worten von Commerzbank-Experte nur eine Seite der Medaille. «Jedes Halbjahr handelt Deutschland etwa 60 Milliarden Euro an Dienstleistungen mit den Vereinigten Staaten», sagte er. Mit China liege der Dienstleistungshandel bei lediglich einem Viertel. «Gerade IT-Dienstleistungen, sei es das Betriebssystem für den Computer oder der neueste KI-Chatbot, gewinnen immer mehr an Bedeutung», sagte Stamer. «Da diese vor allem aus den USA stammen, dürften die Vereinigten Staaten ihren Titel als wichtigster Handelspartner Deutschlands auch weiter verteidigen.»

(Reuters)