Im Frühjahr legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 3,2 Prozent zum Vorjahresquartal zu, wie die Statistiker der Volksrepublik am Donnerstag in Peking mitteilten. Experten hatten nur ein Plus von 2,5 Prozent für das zweite Quartal erwartet, nach dem Absturz um 6,8 Prozent zu Jahresbeginn. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht die Weltwirtschaft im Aufwind nach dem beispiellosen Einbruch in der Corona-Krise. Eine zweite Infektionswelle könne aber zu weiteren Rückschlägen führen, warnte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa: "Wir sind noch nicht aus dem Schneider."

Kein Grund für Euphorie

Allianz-Chefökonom Ludovic Subran sieht daher keinen Grund zur Euphorie: "Wir befinden uns mitten in dieser Krise, der Phase 2 des Virus, mit lokalen und leichten Beschränkungen." Verglichen mit der "schweren grossen Lockdown-Rezession" werde diese Phase "lang, holprig und darwinistisch sein" und in den Ländern sehr unterschiedliche Auswirkungen haben.

So leidet der internationale Warenhandel der Euro-Zone noch immer erheblich unter den Auswirkungen der Viruskrise: Nach ersten Schätzungen lagen die Ausfuhren des Währungsraums in die restliche Welt im Mai bei 143,3 Milliarden Euro - ein Rückgang von 29,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.

Ungeachtet einer jüngsten Belebung der Geschäftstätigkeit ist die Corona-Krise auch in den USA noch längst nicht abgehakt: Die Lage spitzt sich vielmehr mit zehntausenden Neuinfektionen pro Tag weiter zu: "Dass in den USA die zweite Welle so massiv rollt, haben wir vor sechs Wochen so nicht erwartet", sagte der Chef des Kieler Forschungsinstituts IfW, Gabriel Felbermayr, im Deutschlandfunk. Und gerade die exportorientierte deutsche Wirtschaft spüre international "deutlich Gegenwind" - auch weil Schwellenländer wie Brasilien, Indien oder Südafrika die Krise noch nicht im Griff hätten. Die jüngsten Daten aus China seien allerdings ein kleiner "Lichtblick".

"Chinesischer Drache faucht wieder"

Ökonom Bastian Hepperle vom Bankhaus Lampe verweist darauf, dass die Wirtschaft in der Volksrepublik bereits einen Grossteil des coronabedingten Konjunktureinbruchs aufgeholt habe: "Der chinesische Drache faucht wieder." Doch so schwungvoll wie im zweiten Quartal wird es seiner Meinung nach im Sommer nicht weitergehen: "Der Privatkonsum und die globale Nachfrage bremsen", erläutert der Ökonom.

Laut Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank waren im zweiten Quartal vor allem Nachholeffekte am Werk. Aber auch die Auslandsnachfrage nach chinesischen Gütern habe die Erholung im Frühjahr möglich gemacht: "So richtig Freude mag aber über das Zahlenwerk nicht aufkommen." Denn die Einzelhandelsdaten für den Juni zeigten, dass nicht alle Bereiche der Wirtschaft gleichermassen Aufwind spürten. Die Einzelhandelsumsätze gingen gegenüber dem Vorjahr um 1,8 Prozent zurück und brachen damit den fünften Monat in Folge ein.

Kein rasches Zurück zum Normalzustand

Laut Ökonom Gitzel geben die Zahlen aus China einen Vorgeschmack auf die Konjunkturentwicklung in Europa und in den USA. Nach einem kräftigen Wachstumsschub im dritten Quartal dürfte es demnach auch in den westlichen Volkswirtschaften vorerst schwierig bleiben: "Das Virus lässt kein rasches Zurück zum Normalzustand zu." Die Volkswirte der Allianz gehen davon aus, dass die globale Wirtschaftsleistung 2020 um 4,7 Prozent einbricht, gefolgt von einem Wachstum von 4,8 Prozent im kommenden Jahr. Europa dürfte demnach sein Vorkrisen-BIP-Niveau erst Ende 2022/23 erreichen, während China und die USA dieses ein Jahr früher erreichen könnten.

(Reuters)