Die Behörden der Volksrepublik haben Diplomaten zufolge eine vorab aufgezeichnete kritische Eröffnungsrede von EU-Ratspräsident Charles Michel bei der grossen Handelsmesse in Shanghai nicht gezeigt. Das Video sollte am Freitag zum feierlichen Auftakt der China International Import Expo (CIIE) gezeigt werden. Michel wollte darin "Russlands illegalen Krieg gegen die Ukraine" scharf kritisieren. Er wollte China auch dazu auffordern, mehr zu tun, um das Blutvergiessen in der Ukraine zu beenden. China weigert sich bislang konsequent, Russlands Krieg zu kritisieren.
Auch sollte betont werden, dass Europa "wichtige Lehren" aus dem Konflikt ziehen werde. Europa sei bei fossilen Brennstoffen zu sehr von Russland abhängig gewesen, was zu einem Handelsungleichgewicht geführt habe. Europa wollte in seinen Handelsbeziehungen künftig "übermäßige Abhängigkeiten vermeiden", sagte Diplomaten, die die Rede kannten. "Das gilt auch für unsere Handelsbeziehungen mit China." Die hohe Abhängigkeit von der Volksrepublik wird in der EU zunehmend kritisch gesehen. Zuletzt hat die Bundesregierung dem Dortmunder Chiphersteller Elmos zufolge den Verkauf der Waferfertigung an die Tochter eines chinesischen Unternehmens untersagt. Zuvor hatte die Erlaubnis der Bundesregierung für den Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco in eine Betreibergesellschaft an einem Terminal im Hamburger Hafen für Diskussionen gesorgt.
Die EU räumte ein, dass Michels Rede nicht gezeigt wurde. "Wie von den chinesischen Behörden gefordert, hatten wir tatsächlich eine vorab aufgezeichnete Nachricht übermittelt, die letztendlich nicht gezeigt wurde", sagte Michels Sprecher Barend Leyts der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir haben dies über die normalen diplomatischen Kanäle angesprochen." Weder das chinesische Außenministerium noch die Mitorganisatoren der Expo wollten sich zu dem Vorgang äußern.
Andere hochrangige Vertreter, die bei der Zeremonie nach dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping sprachen, waren laut der offiziellen Website der Messe die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO) und die Präsidenten von Indonesien, Sri Lanka und Belarus. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko ist ein treuer Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
(Reuters)