Dies stellte EZB-Chefin Christine Lagarde am Donnerstag auf einer Konferenz der lettischen Notenbank in Riga klar. Zwar beeinflusse die Federal Reserve mit ihrem geldpolitischen Kurs die globalen Märkte, sagte die Französin. Doch könne die Europäische Zentralbank die Entscheidungen der US-Notenbank nicht einfach nachahmen. Die konjunkturelle Lage auf beiden Seiten des Atlantiks sei nicht gleichartig. Daher könne die EZB nicht "im gleichen Tempo" wie die Fed im Kampf gegen die ausufernde Inflation vorgehen.

Die EZB hatte jüngst mit einem weiteren grossen Zinsschritt die Schlüsselzinsen um 0,75 Prozentpunkte erhöht. Der an den Finanzmärkten massgebliche Einlagensatz liegt damit inzwischen bei 1,50 Prozent. EZB-Chefin Lagarde stellte zudem weitere Anhebungen in Aussicht, auch wenn sie dabei nicht in die Fussstapfen der Fed treten möchte. Diese hatte den US-Leitzins am Mittwoch zum vierten Mal in Folge um einen Dreiviertel-Prozentpunkt angehoben - auf die neue Spanne von 3,75 bis 4,00 Prozent.

Es sollte nicht erwartet werden, dass die Europäische Zentralbank den Zinserhöhungen der Fed folgt, betonte auch der italienische Notenbankchef Ignazio Visco. Markterwartungen, wonach der Einlagensatz der EZB im nächsten Jahr einen Höchststand von drei Prozent erreichen wird, seien im Rahmen. Doch könnte er "etwas darunter" landen.

Während Bundesbankchef Joachim Nagel nun für zusätzliche Zinserhöhungen plädierte, warnte EZB-Direktor Fabio Panetta vor einem zu straffen Kurs. Es gelte zu vermeiden, die Zinssätze zu schnell zu erhöhen, sagte der Italiener. Denn dies könnte aus seiner Sicht die Immobilienpreise, die Finanzmärkte und auch das Wirtschaftswachstum übermässig beeinträchtigen. In Deutschland sieht der Bundesbankpräsident bereits eine Rezession heraufziehen. Trotz trüber Konjunkturaussichten sollte die EZB aus seiner Sicht aber nicht auf weitere Zinsanhebungen verzichten. Denn es gelte, die Teuerungsrate auf das mittelfristige Ziel von 2,0 Prozent zu drücken, sagte Nagel in Madrid.

Absage an Zinspause

Sein spanischer Kollege Pablo Hernandez de Cos sieht dies ähnlich. Er hält es für nötig, dass die EZB auf Straffungskurs bleibt, auch wenn eine Rezession in der Euro-Zone wahrscheinlicher werde. Die EZB hat laut dem portugiesischen Notenbankchef Mario Centeno bereits einen guten Teil der Wegstrecke auf dem Zinserhöhungspfad zurückgelegt. Er geht davon aus, dass die Inflation im laufenden Quartal ihren Höhepunkt erreicht. Sollte dies der Fall sein, biete dies der Geldpolitik ein "hohes Mass an Vorhersehbarkeit", fügte er hinzu.

Die Inflation im Euroraum war im Oktober erstmals seit dem Start des Euro über die Marke von zehn Prozent geklettert. Die Verbraucherpreise stiegen angeheizt durch den anhaltenden Preisschub bei Energie im Zuge des russischen Kriegs gegen die Ukraine binnen Jahresfrist um 10,7 Prozent. Die Inflation in der Währungsgemeinschaft liegt damit inzwischen mehr als fünf Mal so hoch wie das Ziel der EZB, das diese als optimal für die Wirtschaft ansieht.

Einer Zinspause im Dezember erteilte der lettische Notenbankchef Martins Kazaks eine klare Absage: "Es ist klar, dass die Zinssätze viel stärker steigen müssen, um die Inflation mittelfristig auf das Ziel von zwei Prozent zu senken", sagte das EZB-Ratsmitglied. 

(Reuters)