So transportierte der neueste Champion in der Containerschifffahrt, die 400 Meter lange "Jacques Saadé", bei ihrer Jungfernfahrt von Singapur nach Malta 20'723 volle Container, was etwa 90 Prozent der Schiffskapazität entspricht und die bisher grösste Ladung auf einer ersten Reise ist.

Das wird als Zeichen gesehen, dass die Weltwirtschaft zwar humpelt, aber immer noch läuft. Die Pandemie hat die Ausgaben für Dienstleistungen wie Gastgewerbe und Tourismus belastet, jedoch hat die Nachfrage nach Haushaltsgütern die Erwartungen übertroffen, da die Verbraucher zu Hause mehr online einkaufen.

Für die Container-Liniendienste ist die Änderung der Verbraucherpräferenzen eine Goldgrube, die sie aber auch dazu zwingt, kurzfristig darüber nachzudenken, wie viele Schiffe eingesetzt werden sollen. Es ist ein schwieriger Spagat für eine kapitalintensive Branche, die versucht, wirtschaftliche Veränderungen Jahre im Voraus zu antizipieren und die Kapazität entsprechend anzupassen.

«Noch nie so schnelle Veränderungen»

"Eine derart rasche Veränderung hat es in der Geschichte der Containerschifffahrt noch nie gegeben", sagte Lars Jensen, ein in Kopenhagen ansässiger Berater und ehemaliger Geschäftsführer von AP Moller-Maersk A/S, dem weltweit grössten Containertransportunternehmen. "Dies bedeutet auch, dass es realistischerweise nicht möglich ist, vorherzusagen, was dies für 2021 bedeuten wird."

So verzichtete Maersk darauf, weit über 2020 hinauszublicken, als das Unternehmen seine Gewinnprognose in diesem Monat anhob. Derzeit bewegen sich die Kosten für den Transport eines etwa 12 Meter langen Containers über den Pazifik immer noch in der Nähe von 4000 Dollar. Dies entspricht fast der dreifachen Rate zu Jahresbeginn - selbst nach der branchenüblichen Hochsaison von August bis Mitte Oktober.

Ende der Lockdown wird Verhalten wieder ändern

In diesem Umfeld "würde nur ein Narr versuchen, die Zukunft vorherzusagen", sagte Alan Murphy, CEO des Analyseunternehmens Sea-Intelligence.

Dennoch kann es nicht schaden, es zu versuchen. Murphy sagte nach einer Analyse der Daten, dass die Erholung der Warennachfrage weltweit sehr ungleichmässig sei und hauptsächlich durch Nachfrage aus den USA nach Heimbürobedarf, Freizeitausrüstung, Gartengeräten, Möbeln, Kleidung und Büchern befeuert werde.

"All dies deutet darauf hin, dass der derzeitige Anstieg nur von kurzer Dauer ist und erheblich nachlassen wird, wenn die Lockdowns aufgehoben werden und die US-Verbraucher ihren Konsum wieder auf Dienstleistungen verlagern können", sagte Murphy.

Im Gegensatz dazu erwartet Oxford Economics, dass die Divergenz der Ausgaben für Waren und Dienstleistungen noch eine Weile anhalten dürfte. Die Ökonomen gehen davon aus, dass der Weltwarenhandel Ende nächsten Jahres wieder auf das Niveau von Ende 2019 zurückkehren wird, sehen jedoch "erst 2023 eine ähnliche Erholung der Dienstleistungen."

Sollte dies der Fall sein, könnten die Transportkosten für Waren hoch bleiben und den üblichen saisonalen Mustern widersprechen.

Kein freies Schiff verfügbar

Sanne Manders von Flexport sagt, dass die Seeschifffahrtsraten nach der chinesischen Feiertagswoche Golden Week Anfang Oktober nicht sehr stark sinken könnten. Wie der Chief Operating Officer bei dem in San Francisco ansässigen Spediteur erwartet, könnten sie bis Mitte Februar erhöht bleiben. 

"Normalerweise sieht man nach der Golden Week eine Abschwächung der Seefrachtraten, was teilweise auch passiert. Aber wir erwarten nicht, dass sie sehr weit nach unten gehen", sagte Manders. "Es ist kein freies Schiff verfügbar."

Zusätzlich zum Nachfragedruck gibt es strukturelle Veränderungen in einer Branche, die vor einem Jahrzehnt ein paar Dutzend Hauptakteure hatte und jetzt auf weniger als zehn geschrumpft ist. Wenn die Transportunternehmen in Erwartung einer Abschwächung der Weltwirtschaft beispielsweise Frachtfahrten stornieren, werden die Sätze unweigerlich volatil sein.

"Die Angebots-Nachfrage-Situation begünstigt im Moment stark die Frachtgesellschaften", sagte Manders. "Die Verbraucher kaufen jede Menge Zeug."

(Bloomberg/cash)