Die Investoren Stan Druckenmiller und David Tepper sind die jüngsten von einer Reihe Wall-Street-Exponenten, die sich nach der historischen Markterholung seit Mitte März zu Wort melden. Ihre Botschaft: Das Risiko-Ertrags-Verhältnis beim Halten von Aktien sei das schlechteste seit Jahren.

So nannte Druckenmiller am Dienstag die Annahme einer V-förmige Erholung - also die Idee, dass die Wirtschaft schnell zurückkommen wird, wenn die Coronavirus-Pandemie nachlässt - eine "Fantasie". Tepper sagte am Mittwoch, dass ihn die Aktienbewertungen an 1999 erinnerten. Die Dotcom-Blase platzte ein Jahr danach.

Diese pessimistische Grundhaltung setzt sich zunehmend unter den Geldverwaltern der Wallstreet durch. Gleichzeitig hegen die Investoren zunehmend den Verdacht, dass die Unterstützung der US-Notenbank Fed sowie die 3 Billionen US-Dollar an Finanzhilfen des Staates möglicherweise nicht ausreichen, um die steigende Arbeitslosigkeit und eine Welle von Insolvenzen zu verhindern.

Auch Investoren wie Bill Miller, Paul Singer und Paul Tudor Jones haben Zweifel am Zustand der Märkte und der Wirtschaft geäussert. Diese pessimistische Haltung steht im krassen Gegensatz zum Optimismus, der den S&P 500 Index seit seinem März-Tief um 26 Prozent nach oben getrieben hat.

Trump reagiert auf die warnenden Stimmen gereizt

Die zahlreichen Warnungen haben die Aufmerksamkeit von US-Präsident Donald Trump auf sich gezogen. Dieser steht vor seiner Wiederwahl im November und proklamiert seit jeher seine Pläne für eine boomende Wirtschaft. Die warnenden Stimmen passen nicht in dieses Bild. Trump griff als Reaktion in einem Tweet am Mittwoch die sogenannten "reichen Leute" an. Er wirft ihnen dabei vor, nur von den fallenden Märkten profitieren zu wollen.

Es ist unwahrscheinlich, dass seine Kritik die Wall Street-Profis gross beeinflusst. Der breite S&P 500 Index ist diese Woche schon um 3,8 Prozent gefallen und Investoren und Ökonomen prognostizieren weitere Rückgänge angesichts des anhaltenden Kampfes um die Wiederbelebung der Wirtschaft.

Der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, skizzierte in einer Rede am Mittwoch ein verhängnisvolles Szenario mit Masseninsolvenzen und grosser Arbeitslosigkeit. Auch laut Powell müssen die politischen Entscheidungsträger möglicherweise mehr tun, um langfristige Schäden für die Wirtschaft zu verhindern.

Die Folgen der Krisenbekämpfung geraten zunehmend in den Fokus

Druckenmiller sagte am Dienstag im Economic Club von New York, dass die Liquidität, welche die Märkte in die Höhe trieb, bald schrumpfen wird. Grund: Die Kreditaufnahme des US-Finanzministeriums verdränge die Privatwirtschaft. Der 66-Jährige sagte, er habe noch nie eine Zeit gesehen, in der das Risiko, Aktien zu besitzen, den potenziellen Gewinn so überwog.

Milliardär Leon Cooperman sagte schon Ende April vorher, dass die Massnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie zu höheren Steuern und mehr Regulierung führen werde. Er ging davon aus, dass der S&P 500 niedriger handeln sollte, irgendwo zwischen 2200 und 2800 Punkten. Dies entspräche einem Rückgang um bis zu 22 Prozent.

Andere bekannte Investoren haben in letzter Zeit ebenfalls defensivere Positionen eingenommen. Tudor Jones, der den Vermögensverwalter Tudor Investment leitet, teilte seinen Kunden Anfang Mai mit, dass er in Gold investiere und sogar einen kleinen Prozentsatz des Vermögens seines Unternehmens in Bitcoin investiert habe. Und auch Grossinvestor und Milliardär Carl Icahn sagte Ende April, dass er momentan keine Aktien kaufe. Stattdessen horte er Bargeld und setze auf sinkende Preise bei gewerbliche Immobilien.

50-Prozent-Crash von Februar-Höchstand möglich

Stock-Picker Bill Miller sagte in einer E-Mail, er habe seine Meinung über die Aussichten des Marktes für die nahe Zukunft geändert. "Die Kaufgelegenheit, über die ich am 18. März bei CNBC gesprochen habe, hielt nicht so lange an, wie ich es mir vorgestellt hatte." Er gehe jetzt davon aus, dass der S&P 500 um 4 oder 5 Prozent von seinem derzeitigen Niveau fallen könnte.

Und Paul Singer, der Gründer des Hedgefonds Elliott Management, sagte seinen Kunden schon Mitte April, dass die Aussichten für Aktien schlecht seien. Die globalen Aktienmärkte könnten von ihrem Februar-Höchststand um 50 Prozent oder mehr fallen.

(Bloomberg/cash)