Die gute Nachricht für die Adecco-Aktionäre zuerst: Der Stellenvermittler erleidet im ersten Quartal beim Umsatz und beim operativen Gewinn (EBITA) zwar einen Rückgang. Allerdings schlägt er sich gerade in Bezug auf die organische Umsatzentwicklung deutlich besser als die meisten Analysten befürchtet hatten. Die schlechte Nachricht jedoch: Die Corona-Krise trifft das Unternehmen mit voller Wucht. Nach einem Minus von 19 Prozent im März, sind die Umsätze im April um 40 Prozent eingebrochen. Hinzu gesellen sich schmerzhafte Bilanzkorrekturen in Höhe von 348 Millionen Euro. Mit letzteren hatten Analysten nicht gerechnet.

Erfreuliche Bruttogewinnmarge

Nach einem frühen Vorstoss bis auf 42,19 Franken gibt die Aktie von Adecco die Kursgewinne weitestgehend wieder preis. Zur Stunde notiert sie noch um 0,4 Prozent höher bei 40,97 Franken.

Während sich die Umsatzentwicklung in etwa mit den Erwartungen der UBS deckt, schneidet der Stellenvermittler bei dem Bruttogewinn deutlich besser ab. Für die Grossbank ist die widerstandsfähige Bruttogewinnmarge denn auch der eigentliche Lichtblick des ersten Quartals. Die UBS empfiehlt die Aktie mit einem 12-Monats-Kursziel von 44 Franken zum Kauf.

Auch bei der Zürcher Kantonalbank dreht sich alles um die überraschend stabile Bruttogewinnmarge. Am ausserordentlichen Goodwill-Abschreiber stösst sie sich hingegen. Dieser zeige einmal mehr, dass sich Übernahmen im Bereich der Personalvermittlung im Nachhinein oft als zu teuer und nicht unbedingt wertsteigernd herausstellen. Zudem weisen die vom Unternehmen zum April gemachten Aussagen auf ein sehr schwieriges zweites Quartal hin. Das Anlageurteil der Zürcher Kantonalbank für die Adecco-Aktie lautet weiterhin "Marktgewichten".

Antizyklische Kapitalbindung

Bei J.P. Morgan erklärt man sich den hohen Reinverlust einerseits mit dem Goodwill-Abschreiber, andererseits aber auch mit einer höher als erwartet ausgefallenen Steuerbelastung. Die US-Investmentbank stuft die Aktie wie bis anhin mit "Neutral" ein. Das Kursziel von 50 Franken dürfte sie kräftig reduzieren.

Wie die Bank Vontobel schreibt, verhält sich die Kapitalbindung bei Adecco antizyklisch. Sprich: In einem Abschwung wie dem jetzigen bindet das Umlaufvermögen weniger Kapital. Dadurch erhöht sich der finanzielle Spielraum, den Aktionären Kapital über Dividenden und Aktienrückkäufe zurückzuführen.

Dennoch legt der Stellenvermittler das Aktienrückkaufprogramm vorübergehend auf Eis. Angesichts der von der Coronavirus-Pandemie ausgehenden Ungewissheit überrascht dieser einschneidende Schritt in den Handelsräumen hiesiger Banken allerdings kaum jemanden.

Mit einem Minus von 33 Prozent zählt die Adecco-Aktie seit Jahresbeginn zu den schwächeren Titeln aus dem Swiss Market Index (SMI). Die hohe Abhängigkeit von der Wirtschaftsentwicklung macht die Aktie in Krisenzeiten anfällig.