Nach Milliardenverlusten und Reputationsschäden stehen grosse Teile der traditionsreichen Sparte zur Disposition.

Seit der Ernennung eines neuen Chief Executive Officer vor einem guten Monat hat die Credit Suisse nur eine Sparte explizit genannt, bei der es zu Änderungen kommen soll: das Geschäft mit verbrieften Produkten, dessen Wurzeln in die ruppige Hypothekenbond-Szene der 1980er Wall Street zurückreichen. Und auch bei dem Thema blieben die Banker vage.

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Doch hinter den Kulissen werden weitergehende Szenarien diskutiert. Im extremsten Fall könnten bis zu zwei Drittel der Investmentbank auf der Kippe stehen, berichten Personen, die mit Diskussionen innerhalb der Bank vertraut sind.

Hier sind einige der Bereiche, die der Verwaltungsrat unter die Lupe nehmen wird:

1) Handel mit festverzinslichen Wertpapieren

Der Handel mit festverzinslichen Wertpapieren war in der Regel der grösste Erlösbringer der Investmentbank. Er braucht jedoch auch eine Menge Kapital und kommt deshalb schnell ins Visier, wenn Risiko und Kosten gesenkt werden sollen. Außerdem ist der Handel komplex und auf instutionelle Investoren ausgerichtet, nicht so sehr auf die wohlhabenden Kunden, die die Bank nun vor allem ansprechen will.

Das Geschäft mit verbrieften Produkten gehört auch zu dieser Sparte. Es leistete lange Jahre einen wichtigen Beitrag zu den Erträgen – war aber auch eine Quelle überraschender Verluste. Manche wollen den vollständigen Verkauf vermeiden und stattdessen Drittinvestoren gewinnen, doch Analysten bezweifeln, dass das realistisch ist. Der Verkauf der gesamten Gruppe zum Buchwert könnte laut den Analysten der Deutschen Bank 3 Milliarden Franken Kapital freisetzen.

Auch der Handel mit komplexeren Kreditprodukten hat nur wenige mit dem Wealth Management zu tun und steht deshalb auf dem Prüfstand. Aus dem Handel mit Zinsprodukten könnte die Bank ganz aussteigen. Die Plattform für Schwellenländer sowie die Devisenprodukte haben hingegen mehr Berührungspunkte mit den reichen Kunden der Credit Suisse. Denn ein großer Teil jener Kunden kommt aus dem asiatisch-pazifischen Raum, Lateinamerika und dem Nahen Osten.

2) Aktienhandel

Der Aktienhandel bindet generell weniger Kapital als festverzinsliche Wertpapiere, und vermögende Kunden handeln gerne mit Aktien. Das macht ihn nach Ansicht der Deutschen Bank zu einem weniger wahrscheinlichen Ziel des Streichkonzerts. Das Geschäft erfordert allerdings auch Investitionen in Technologie, insbesondere für das Geschäft mit institutionellen Kunden.

Eine einfache Lösung wäre für die Credit Suisse, sich dezidiert aus dem Aktienhandel für institutionelle Kunden zurückzuziehen, gleichzeitig aber ein kleines ein Team zu behalten, das sich um die wohlhabenden Kunden kümmert, die mit Aktien handeln.

Die Einheit ist bereits durch die Einstellung des Prime Brokerage-Geschäfts mit Hedgefonds in Folge des Archegos-Debakels im letzten Jahr geschrumpft. Im ersten Halbjahr erwirtschaftete das Geschäft nur 834 Millionen Franken, nach 1,28 Milliarden Franken zwei Jahre zuvor.

3) Deal-Making

An ihrem Beratungsgeschäft für Fusionen und Übernahmen wird die Credit Suisse wahrscheinlich festhalten. Der Bereich war der einzige innerhalb der Investmentbank, der die Erträge im zweiten Quartal steigern konnte. Die Bank erwirtschaftet in diesem Bereich mehr als viele europäische Konkurrenten und kann mit diesem Geschäftsbereich auch Kunden des Wealth Management bedienen.

Die Analysten der Deutschen Bank warfen allerdings die Frage auf, ob es für die Credit Suisse sinnvoll sei, dieses Franchise in den USA wieder aufzubauen. Dort gab es in der Vergangenheit eine hohe Personalfluktuation, und es mangelt an Wealth-Management-Kunden.

4) Kapitalmärkte

Beim Emissionsgeschäft hat die Credit Suisse stark gelitten; im zweiten Quartal wurden die Erträge des Bereichs fast gänzlich zunichte gemacht. Daran wird sich in nächster Zeit womöglich wenig ändern, da die höheren Zinsen Anleger risikoaverser machen. Zusätzlich hat die Credit Suisse auch das Pech, dass für sie besonders erfolgreiche Teilbereiche wie die Notierung chinesischer Unternehmen in den USA und das Geschäft mit Börsengängen über Blankoscheck-Firmen (Spacs) unabhängig von der Misere der Bank ebenfalls in die Krise geraten sind.

Auch das Geschäft mit Leveraged Loans - Kredite an hochverschuldete Unternehmen - leidet unter den hohen Zinsen. Die Credit Suisse war traditionell eine der Top-Banken in diesem Spezialbereich, doch nach Jahren des Booms litt dieses Geschäft im zweiten Quartal ebenfalls schwer. Die Bank hat bereits damit begonnen, das Engagement in Schuldtiteln ohne Investment-Grade-Rating zu reduzieren und ihr Underwriting-Geschäft auf Unternehmen mit höherem Rating zu verlagern.

(Bloomberg)