Oswald Grübel kennt die Schweizer Bankenzene wie kein Zweiter. Er war erst Chef bei der Credit Suisse (CS), dann leitete er auch die UBS. Grübel war CS-CEO von 2003 bis 2007. Am Ende seiner Amtszeit lag der CS-Aktienkurs in der Spitze bei fast 100 Franken.

Nach jahrelangem Siechtum der Bank sieht die Lage an der Börse ganz anders aus: Die Aktie ist seit dieser Woche keine 4 Franken mehr Wert und erreichte einen absoluten Tiefstand von 3,67 Franken. Der Absturz hat sich vor allem in den letzten zehn Handelstagen akzentuiert. Grund sind aufgekommene Spekulationen wegen einer Kapitalerhöhung. Die Bank Vontobel geht davon aus, dass die CS eine solche in der Höhe von 4 Milliarden Franken durchführen wird. 

Grübel findet das keine gute Idee. "Eine Kapitalerhöhung bei diesem Aktienkurs sollte man nicht machen", sagt Grübel zur "Handelszeitung" (Artikel bezahlpflichtig). Sie sorge nur für Unsicherheit und Unmut bei den Altaktionären und Altaktionärinnen, die eine weitere Verwässerung fürchten, so Grübel weiter. Noch im Sommer sagte CS-Finanzchef David Mathers, die Bank sei "gut kapitalisiert".

Grübel vermutet, dass "Shortseller die Kurse" bei der Aktie der Credit Suisse zusätzlich drücken würden. Müssten diese sich mit allerdings mit Aktien eindecken, könnte das einen Rebound auslösen.

Verkäufe von Firmenanteilen möglich

Eine andere oder zusätzliche Finanzierungsmöglichkeit für die Credit Suisse sind Verkäufe von Firmenanteilen. Auch hier gibt es viele Spekulationen. Bloomberg etwa meldete, die CS wolle das US-Geschäft verkaufen. Die Bank will erst Ende Oktober zusammen mit den Drittquartalszahlen über mögliche strategische Schritte und mägliche abbaumassnahmen informieren.

Grübel will sich nicht an den zahlreichen Spekulationen beteiligen. "Es wird sehr viel Unsinn verbreitet", sagt er.  Und er hat eine Tipp für die Credit Suisse: "Die Bank sollte besser kommunizieren."

Zum Thema Credit Suisse äusserte sich Grübel schon zu Jahresbeginn in der deutschen "Börsen-Zeitung" - er lag mit seiner Einschätzung der Bank allerdings etwas schief. "Ich kenne nicht alle Fakten, um eine zuverlässige Antwort geben zu können. Aber Credit Suisse ist eine Turnaround-Situation. Der Aktienkurs spiegelt die Kapitalverluste der vergangenen Jahre. Wenn keine weiteren Verluste hinzukommen und der Turnaround erste Früchte zeigt, dann ist die Aktie ein Kauf", sagte Grübel damal noch vor den Skandalen wie Greensill oder Archegos. Anfang Januar 2022 lag die Aktie noch bei knapp 9 Franken.

Richtig lag Grübel aber mit seiner Einschätzung der Börsen. Er sah die Finanzmärkte als spekulativ und schuldengetrieben aufgebläht an und er sah die Börsen kurz vor dem Platzen. 

(cash)