Die Credit Suisse führe mit Grossaktionären Gespräche über die Bedingungen einer möglichen Kapitalerhöhung, sagte eine mit der Situation vertraute Person zur Nachrichtenagentur Reuters. Einem zweiten Insider zufolge hat die Bank schon von mehreren Wochen damit begonnen, Grossanleger auf eine Kapitalerhöhung einzustimmen.

Teil des vom Verwaltungsrat rund um Präsident Axel Lehmann angestossenen Konzernumbaus sei auch eine Schrumpfung der Investmentbank. Dabei wurden verschiedene Szenarien diskutiert. Die am weitesten gehende Option umfasse dabei einen weitgehenden Ausstieg aus dem US-Markt, erklärten zwei Insider. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen.

«Die Credit Suisse verlässt den US-Markt nicht», erklärte die Bank in einer Stellungnahme. «Jede Berichterstattung, die etwas anderes suggeriert, ist kategorisch falsch und völlig unbegründet.» Credit Suisse betreibt in den USA nicht nur Investmentbanking, sondern etwa auch Vermögensverwaltung für Profi-Anleger (Asset Management). Weitere Angaben zur Strategieüberprüfung will die Bank bei der Veröffentlichung des Quartalsabschlusses am 27. Oktober machen.

Aktie fällt

Nach der Veröffentlichung des Berichts verdoppelte die Credit-Suisse-Aktie die Kursverluste auf 5,5 Prozent und markierte mit 4,649 Franken den tiefsten Stand seit mindestens 30 Jahren.

Eine Credit-Suisse-Sprecherin erklärte: "Wir haben bereits gesagt, dass wir über den Fortschritt unserer umfassenden Strategieüberprüfung zusammen mit den Drittquartalszahlen kommunizieren werden. Es wäre verfrüht, sich vor diesem Zeitpunkt zu möglichen Ergebnissen zu äussern." 

Auf dem Prüfstand

Das von einer Reihe von Fehlschlägen geplagte Institut hatten Ende Juli die Strategie erneut auf den Prüfstand gestellt und den Konzernchef ausgewechselt. Alleine über die vergangenen drei Quartals summierten sich die Verluste auf fast vier Milliarden Franken.

Angesichts der Unsicherheiten haben sich die Finanzierungskosten für die Bank deutlich erhöht. Die Analysten der Deutschen Bank schätzten die Kapitallücke in einer Ende August veröffentlichten Studie auf mindestens vier Milliarden Franken, das entspricht etwa einem Drittel des Börsenwertes des ganzen Konzerns.

Einen Teil davon könnte der Verkauf des Bereichs mit Verbriefungen von Hypotheken und anderen Krediten einbringen, den die Bank ins Schaufenster gestellt hat. Insidern zufolge ist das Interesse von möglichen Käufern gross. Dazu gehörten Finanzinvestoren, andere Banken und auch Versicherer.

Das Geschäft gilt als profitabel, aber auch als kapitalintensiv. Ein Experte schätzte den Wert des Geschäfts auf eine bis 2,5 Milliarden Dollar. Dazu könnten Verkäufe von weiteren kleineren Bereichen kommen. Einem Bericht der Zeitung "Financial Times" vom Donnerstag zufolge versucht die Bank angesichts des niedrigsten Aktienkurses seit mindestens 30 Jahren verzweifelt, eine weitere Kapitalerhöhung zu vermeiden.

Harte Forderungen

Einem der Insider zufolge dürfte dies schwierig werden. Die Grossanleger, mit denen die Bank Gespräche führe, stellten dabei allerdings harte Forderungen für eine Teilnahme an einer Kapitalerhöhung. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte bereits Ende Mai berichtet, dass Credit Suisse Optionen zur Stärkung des Kapitals abwägt.

Die Bank hatte damals dementiert. Innerhalb des Verwaltungsrates gingen die Meinungen auseinander, wie radikal der Schnitt beim Investmentbanking ausfallen solle. Bei einem weitgehenden Ausstieg aus dem US-Investmentbanking würde die Bank gewisse, für das Kerngeschäft mit Millionären und Milliardären wichtigen Bereiche in andere Teile der Bank verschieben.