Die Credit Suisse hat in ihrem Rechtsstreit mit dem georgischen Milliardär Bidzina Ivanishvili einen weiteren Rückschlag erlitten. Laut einem Gericht in Singapur hat die Grossbank ihre Pflichten gegenüber ihrem Kunden verletzt und muss einen Schadenersatz in Höhe von 926 Millionen US-Dollar leisten. Die CS will das Urteil anfechten.

Wie dem am Freitag veröffentlichten Urteil des Internationalen Handelsgerichts in Singapur zu entnehmen ist, wird der von der CS-Tochtergesellschaft Credit Suisse Trust zu leistende Schadenersatz allerdings zum einen noch um bereits erfolgte Zahlungen von 79,4 Millionen Dollar verringert. Zudem müssen auch der bereits in einem Verfahren auf den Bermudas gesprochenen Schadenersatz in die Berechnung einbezogen werden, damit es nicht zu umfangreichen doppelten Forderungen kommt.

Die Credit Suisse bezeichnete das Urteil gegen ihre Tochtergesellschaft in einer ersten Reaktion als "falsch", zudem werfe es "weitreichende Rechtsfragen auf". Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig und könne angefochten werden, was die Credit Suisse Trust Limited "mit Nachdruck" zu tun gedenke, heisst es in der Stellungnahme weiter.

Schlechte Investitionen

Der ehemalige georgische Regierungschef und Milliardär Ivanishvili war Kunde des betrügerischen Genfer CS-Beraters Patrice Lescaudron und hatte hohe Summen seines Vermögens über die CS investiert. Lescaudron hatte spätestens ab 2011 reichen Kunden dreistellige Millionenbeträge aus dem vom ihm betreuten Vermögen abgezweigt - darunter von Ivanishvili.

Das Singapurer Gericht berücksichtigte in seinem Urteil allerdings nicht nur die von Lescaudron direkt gestohlenen Summen. Die Richterin bemass den vom Kläger erlittenen Verlust vielmehr an dem Wert, den sein Portfolio erreicht hätte, wäre es von einem "kompetenten, professionellen Treuhänder" verwaltet worden - sie machte den CS Trust also für schlechte Investitionsentscheide von Lescaudron verantwortlich.

Hohe Überlappungen

Ivanishvili hatte die CS auch auf den Bermudas in dieser Angelegenheit verklagt. Das dortige Gericht war im vergangenen Jahr zum Schluss gekommen, dass Lescaudron von der Bank zu wenig kontrolliert worden war. Es verurteilte die Grossbank zur Zahlung einer Schadenersatzsumme in Höhe von 607 Millionen US-Dollar. Die Credit Suisse hat auch gegen das Urteil auf den Bermudas Berufung eingelegt, das Urteil des Berufungsgerichts war für die erste Jahreshälfte 2023 angekündigt worden.

In den Urteilen der Gerichte von Singapur und der Bermudas gibt es allerdings Überlappungen, die laut diversen Berichten mehr als 300 Millionen Dollar betragen dürften: Entsprechend dürfte von dem von Singapurer Gericht zugesprochenen Schadenersatz unter dem Strich noch gut 500 Millionen Dollar verbleiben. In welchem Umfang die CS Rückstellungen für den Singapurer Gerichtsfall getätigt hat, wollte sie nicht kommentieren.

Aktien unter Druck

Patrice Lescaudron war 2015 bei der Credit Suisse fristlos entlassen worden. 2018 wurde er in einem Strafverfahren in Genf zu fünf Jahren Gefängnis und zu einer Zahlung von 130 Millionen US-Dollar verurteilt. Im Sommer 2020 nahm er sich das Leben.

Die Aktien der CS sowie der Konkurrentin UBS, welche die Übernahme der Credit Suisse in den kommenden Wochen abschliessen dürfte, gaben am Freitag an einer insgesamt leicht positiven Börse nach: CS notierten gegen 14 Uhr um 1,0 Prozent und UBS um 0,5 Prozent im Minus.

(AWP)