Die Schweizerische Nationalbank senkt den Leitzins in der Schweiz auf 0,00 von 0,25 Prozent. Der Entscheid war an den Märkten so erwartet worden, der Zinsschritt in den negativen Bereich blieb aus. 

Hier die Reaktion von Experten:

Karsten Junius, Chefökonom J. Safra Sarasin: 

«Die SNB hat richtig gehandelt, ihren Leitzins noch nicht in den negativen Bereich zu senken. Das Risiko bestand darin, dass sich ein negativer Leitzins als unnötig erweisen könnte, insbesondere wenn die US-Handelspolitik wieder konstruktiver wird. Die SNB hat dieses Mal die Märkte nicht überrascht. Wir stimmen auch mit der SNB überein, dass sich die mittelfristigen Inflationsaussichten seit der letzten Sitzung nicht wesentlich verändert haben, sodass eine Senkung um 50 Basispunkte gerechtfertigt gewesen wäre. Wir erwarten keine weitere Zinssenkung, können aber angesichts der hohen globalen politischen Unsicherheit nicht ausschliessen, dass eine solche notwendig werden könnte, wenn der Wechselkurs weiter steigt.»

Philipp Burckhardt, Fixed Income Stratege und Portfolio Manager bei Lombard Odier IM: 

«Die SNB hat sich für den kleineren Schritt entschieden und mit einer Senkung von 0,25 Prozent erstmals den Leitzins auf 0,00 Prozent festgelegt. Dies, trotz erstarktem Franken, der seinen nicht unwichtigen Teil zu negativer Inflation beigetragen hat, im Zusammenspiel mit einem weiterhin unsicheren Umfeld. Da die SNB die Markterwartungen in der Vergangenheit meist eher übertroffen und gerne das Überraschungsmoment genutzt hat, scheint hier Martin Schlegel seinen eigenen Weg gehen zu wollen und beweist mit einem zumindest leichten Bruch gegenüber seines Vorgängers Charakter.»

Matthias Geissbühler, CIO Raiffeisen Schweiz:

«Die SNB senkt den Leitzins auf 0,00 Prozent. Damit verschärft sich der Anlagenotstand. Aus hiesiger Anlegersicht rücken damit Sachwerte wie dividendenstarke Aktien, Immobilienfonds und Gold weiter in den Fokus.»

Philipp Merkt, CIO PostFinance:

«Die erneute Leitzinssenkung kommt vor allem Wohneigentümern mit einer kurzfristigen Finanzierung entgegen, da sich Saron-Hypotheken vergünstigt. Bei den langfristigen Hypotheken scheint der Spielraum nach unten hingegen bereits ausgeschöpft. Darüber hinaus müssen sich die privaten Haushalte auf weiter sinkende Sparzinsen einstellen.»

Thomas Rühl, CIO Schwyzer Kantonalbank: 

«Die Eskalation der geopolitischen Spannungen belasten die Anleihenmärkte. Zudem dürfte die erratische US-Zollpolitik das Vertrauen in den US-Dollar als weltweite Reservewährung in den kommenden Monaten erneut testen. Dies dürfte immer wieder zu fluchtartigen Wellen in den klassischen sicheren Schweizer Franken führen. Die noch resiliente Binnenwirtschaft wird voraussichtlich den negativen Effekt der Aussenwirtschaft nicht abfedern können. Wir erwarten ein schwächeres BIP-Wachstum in den kommenden Quartalen. Damit dürfte die SNB den Leitzins im September 2025 wieder unter null ansetzen.»

Santosh Brivio, Senior Economist Migros Bank:

«Befeuert die SNB nicht erneut Spekulationen über einen negativen Leitzins, dürfte sie trotz nicht so schnell verschwindendem Deflationsdruck um ein erneutes Negativzinsregime herumkommen. Da ein solches mit erheblichen Kollateralschäden verbunden wäre - Schmälerung von Pensionskassenrenditen, Bestrafung der Kleinsparer, Fehlallokation oder zusätzliche Befeuerung der Immobilienpreise, hat die SNB alles Interesse daran, die Null-Prozentmarke nicht zu unterschreiten. Wir rechnen daher damit, dass die hiesigen Währungshüter in ihrer Kommunikation zurückhaltender agieren werden, und erwarten dementsprechend bis auf Weiteres ein Verharren des Leitzinses bei null Prozent.»

Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank: 

«Die SNB dürfte wohl vorerst an der Nullzinspolitik festhalten. Die neue bedingte Inflationsprognose ist in der kurzen Frist im Vergleich zum März zwar tiefer, doch mittelfristig ist sie gegenüber der Prognose vom März kaum verändert. Die SNB rechnet im weiteren Jahresverlauf und im kommenden Jahr unverändert mit positiven Inflationsraten. Auch wir gehen aufgrund von Basiseffekte davon aus, dass die Inflationsrate zumindest wieder über der Nullmarke liegen werden. Deshalb rechnen wir auch nicht damit, dass die SNB den Leitzins in den negativen Bereich senken wird.»

Brian Mandt, Ökonom Luzerner Kantonalbank:

«Deflationssorgen plagen die Schweizer Währungshüter. Das Risiko ist also hoch, dass die Notenbanker den Leitzins künftig noch in negatives Terrain treiben werden.»

Gregor Kapferer, Leiter Schweizer Anleihen Vontobel:

«Wie erwartet hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 0,00 Prozent gesenkt. Beim Tiering-Modell für die Banken gibt es keine Änderungen. Mit dieser Entscheidung reagiert die Notenbank auf die zu niedrige Inflation und eine sich abschwächende Industrieproduktion. Zudem geht die SNB auf den weiterhin starken Schweizer Franken, insbesondere gegenüber dem Euro, aus. Weitere Anpassungen sind möglich, falls sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert. Die Rendite der 10-jährigen Schweizer Staatsanleihen stieg um 4 Basispunkte, während der Schweizer Franken gegenüber den Hauptwährungen leicht zulegte. Dies spiegelt vor allem die Reduzierung des Tail-Risikos einer Zinssenkung um 50 Basispunkte wider.»

GianLuigi Mandruzzato, Senior Ökonom EFG:

«Diesmal gab es keine Überraschungen seitens der SNB, was sich auch in der verhaltenen Reaktion des Schweizer Frankens widerspiegelte. Der Wortlaut der SNB-Erklärung unterstreicht die Unsicherheit hinsichtlich der Aussichten und dass diese hauptsächlich auf Entwicklungen ausserhalb der Schweiz zurückzuführen ist. Alle Optionen bleiben offen, einschliesslich Negativzinsen und Devisenmarktinterventionen, aber für deren Einsatz wäre eine weitere deutliche Verschlechterung der Aussichten erforderlich. Sofern sich dies nicht ereignet, könnte der Leitzins der SNB für diesen Zyklus seinen Tiefpunkt erreicht haben.»

Daniel Hartmann, Chefökonom Bantleon: 

«Der Leitzinsausblick in der Schweiz hängt noch mehr als in anderen Ländern von der weiteren Entwicklung des globalen Zollkonflikts ab. Sollte sich die Lage hier in den nächsten Monaten entspannen, wovon wir ausgehen, nimmt das Disinflationsrisiko in der Schweiz spürbar ab. In diesem Fall dürfte zum einen der Schweizer Franken nicht weiter aufwerten. Zum anderen sollte der internationale Preisdruck (Rohstoffpreise) tendenziell zunehmen. Beides zusammen würde die Schweizer Teuerung stützen. Ob sich die Lage an der Handelsfront bis zur nächsten SNB-Sitzung im September nachhaltig beruhigt hat, lässt sich aus heutiger Sicht nicht mit Sicherheit sagen. Die Entscheidung den Leitzins auf -0,25 Prozent abzusenken oder bei 0,00 Prozent beibehält, ist daher in unseren Augen ein Close Call. Notenbankpräsident Martin Schlegel betonte in diesem Zusammenhang, dass Negativzinsen eine Herausforderung für die Wirtschaft darstellen würden und ein solcher Schritt der SNB nicht leicht fallen würde (schloss ihn aber gleichzeitig natürlich nicht aus). Zum Jahresende sollte sich das Zeitfenster für weitere geldpolitische Lockerungen dann ohnehin schliessen.»

Renato Flückiger, CIO Valiant Bank:

«Die Schweiz bewegt sich zwar in einem Umfeld, das mit Unsicherheit behaftet ist, befindet sich jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht in einem Krisenszenario. Die Option von Negativzinsen bleibt bestehen - auch um allfällige sich anbahnende Krisen abzuwenden. Die Abwärtsrisiken für die Wirtschaft haben mit dem Handelskonflikt zugenommen und werden in den Zinswahrscheinlichkeiten widerspiegelt. Wir erwarten per Ende 2025 einen unveränderten Leitzins von 0,00 Prozent.»

Thomas Daniel Marti
Thomas MartiMehr erfahren