Die Aktien des Lebensmittelkonzerns und Nestlé-Konkurrenten Danone sind im Mai auf 77 Euro gestiegen - auf den höchsten Stand seit Oktober 2019. In den vergangenen Tagen sind sie zwar wieder etwas gefallen, befinden sich mit aktuell 75 Euro aber noch immer auf einem im mehrjährigen Vergleich sehr hohen Niveau.
Sucht man nach einem Punkt, der den Aufstieg eingeleitet hat, so findet man ihn bei CEO Antoine de Saint-Affrique. Er trat seinen Posten im September 2021 an, nachdem er sechs Jahre Chef des Schokoladenherstellers Barry Callebaut gewesen war.
Jean-Philippe Bertschy, Analyst der Bank Vontobel, sieht in Saint-Affrique den Hauptgrund für den Aufschwung des in Paris beheimateten Lebensmittelunternehmens.
Saint-Affrique, knapp ein halbes Jahr im Amt, stellte am Kapitalmarkttag vom März 2022 eine neue Strategie vor, die profitables Wachstum ermöglichen sollte. Mitunter sollte die Innovation gestärkt, Investitionen in den Wert, den Konsumenten erhalten, erhöht und Marken entwickelt werden.
Das ist offenbar gelungen: Saint-Affrique habe aus Vertrauenspersonen ein Management-Team zusammengestellt, und er habe das Unternehmen umgebaut, defizitäre Marken abgestossen und in das Marketing investiert, sagt Bertschy im Gespräch mit cash.ch. «Sein Fokus auf Gesundheitsprodukte hat das Wachstum angetrieben – High-Protein-Milchprodukte, Premium-Wasser und Premium-Babynahrung sind stark gefragt.»
In Zahlen ausgedrückt: Das vergleichbare Umsatzwachstum betrug gemäss Konzernangaben 7,8 Prozent im Jahr 2022, 7 Prozent im Jahr 2023 und 4,3 Prozent im Jahr 2024. Als Ziel hatte das Management ein Wachstum um 3 bis 5 Prozent ausgegeben.
Dass es geliefert hat, spiegelt sich im Aktienkurs, aber auch in den Expertenmeinungen. Die Arbeit, die das Danone-Management in den vergangenen Jahren geleistet habe, sei beeindruckend - Danone sei jetzt ein völlig anderes Unternehmen als noch 2022, heisst es in einem Report der britischen Bank Barclays vom Mai. Sie stuft den Nestlé-Mitbewerber mit «Overweight» ein und setzt das Kursziel bei 82 Franken an - es würde, wenn es erreicht wird, eine Rückkehr auf das Allzeithoch bedeuten.
Saint-Affrique und Freixe - «Zwillingsbrüder im Geschäft»
Die Geschichte der letzten Jahre von Danone erinnert an den Weg, auf dem Nestlé sich befindet. Auch der Lebensmittelkonzern aus Vevey hat schwierige Jahre hinter sich. Die Aktie war einst 130 Franken wert und war zwischenzeitlich auf unter 75 Franken gefallen. Nun bewegt sie sich um die 87-Franken-Marke.
Bei Nestlé kam - wie bei Danone - ein neuer CEO, Laurent Freixe. Und auch dieser hat kurz nach seinem Antritt, im Herbst 2024, eine Wachstumsstrategie ausgegeben. Eckpunkte sind Investitionen in das Marketing, Kosteneinsparungen und die Stellung der Wassersparte als separate Einheit. Das mittelfristige Ziel: Ein organisches Wachstum von mindestens 4 Prozent.
Im ersten Quartal 2025 wuchs Nestlé 2,8 Prozent. Das war mehr als Analysten erwartet hatten und besser als das Abschneiden im Vorjahresquartal.
Nestlé erwartet für das laufende Jahr eine Verbesserung des organischen Umsatzwachstums im Vergleich zu 2024. Dabei soll sich im Jahresverlauf eine Steigerung ergeben, «da wir unsere Wachstumspläne weiter umsetzen», wie es in der Mitteilung zum Erstquartalsbericht heisst.
«Was Danone in den vergangenen Jahren getan hat, ist praktisch eins zu eins der Plot, den ich für Nestlé sehe», sagt Vontobel-Experte Jean-Philippe Bertschy
Auch Nestlé habe nun - wie Danone damals - einen CEO, der die Branche kenne, der bescheiden und mit den Konsumenten verbunden sei. Zudem gleiche die Wachstumsstrategie von Laurent Freixe dem Vorgehen von Antoine de Saint-Affrique ab 2022. «Ich betrachte Antoine de Saint-Affrique und Laurent Freixe als Zwillingsbrüder im Geschäft. Sie haben die gleiche Philosophie», fügt Bertschy hinzu.
Bei Danone dauerte der Wiederaufstieg rund drei Jahre, vom Kapitalmarkttag und der Strategieankündigung im März 2022 bis heute. Nimmt man dies als Orientierung, so würde Nestlé um die Jahreswende 2027/2028 wieder in Form sein. Wie es genau kommt, wird sich zeigen. Jedenfalls wird der Eindruck bestätigt, dass der Umschwung des Westschweizer Unternehmens ein längerer Marsch und kein kühner Schlag ist - dass er aber realistisch ist.