Das Jahr dauert noch gut acht Wochen, doch bereits vier grosse Finanzinstitute haben ihren Währungsausblick für 2026 veröffentlicht. Aus Schweizer Sicht interessiert dabei vor allem eines: Wird der Franken auch im neuen Jahr als sicherer Hafen gesucht sein?
Seit Anfang Jahr hat sich der Franken gegenüber dem Dollar um 10,75 Prozent aufgewertet, zum Euro lediglich um 1 Prozent. Die Analysten der Deutschen Bank, Bank J. Safra Sarasin, Raiffeisen und Société Générale sind sich in der Grundtendenz weitgehend einig: Der Schweizer Franken steht vor einer Phase moderaten Aufschwungs, während der US-Dollar weiter unter Druck gerät.
Schweizer Franken: Ende des Zinssenkungszyklus als Stütze
Der Schweizer Franken dürfte 2026 von einem stabilen geldpolitischen Umfeld profitieren. Seit die Schweizerische Nationalbank (SNB) im Juni ihren Leitzins auf null gesenkt hat und seither signalisiert, dass die Hürden für Negativzinsen nun gross seien, geht die Bank J. Safra Sarasin in ihrem Devisenausblick vom November davon aus, dass dies vermutlich das Ende Zinssenkungzyklus bei der SNB markiert habe. Die SNB dürfte demnach ihre Zinsen stabil halten während andere grosse Zentralbanken ihre Zinssenkungen fortsetzen dürften.
Dies führt zu einer schrumpfenden Leitzinsdifferenz zwischen der Schweiz und anderen wichtigen Währungsräumen, was den Franken allmählich aufwerten sollte. Die Währungsexperten von J. Safra Sarasin rund um Chefökonom Karsten Junius weisen allerdings darauf hin, dass verschiedene Risiken, etwa allfällige Sorgen um die Schuldentragfähigkeit im Euroraum oder eine erhöhte Volatilität vor den US-Zwischenwahlen im November 2026, ein «vorübergehendes Überschiessen der Schweizer Währung» auslösen könnten. In solchen Szenarien würde die SNB wahrscheinlich zu erneuten Devisenmarktinterventionen greifen, wie sie es bereits nach dem sogenannten «Liberation Day» getan hat.
Die jüngste Entwicklung bestätigt die Stärke des Frankens. So verweist die Raiffeisen Bank darauf, dass der Euro im Oktober zeitweise auf 0,9210 Franken gefallen sei - ein Allzeittief, wenn man die Kapriolen bei Aufhebung des Mindestkurses Anfang 2015 ausklammert. Grund dafür sei zum einen die hohe Nachfrage nach dem Schweizer Franken als sicherer Kapitalhafen, zum anderen leide die Gemeinschaftswährung unter schwächelnder Wirtschaft und der französischen Regierungskrise. Auch gegenüber dem Dollar zeigt sich der Franken stark. Die Raiffeisen Bank berichtet, dass der Greenback im vergangenen Monat zwischen 0,81 und 0,79 Franken geschwankt habe. Da das Anlegervertrauen in den Dollar derzeit beeinträchtigt sei, habe man die Dollar-Franken-Prognose nach unten angepasst.
US-Dollar: Strukturelle Schwäche setzt sich fort
Beim US-Dollar sind sich drei der vier Institute einig. Die Schwächephase ist nicht beendet. Die Bank J. Safra Sarasin zeichnet dabei das deutlichste Bild. Der Dollar habe 2025 entgegen allen Erwartungen bereits stark nachgegeben, da Anleger sich gegen Zolldrohungen, mögliche Steuern auf ausländische Staatsanleihen und Angriffe auf die Unabhängigkeit der Federal Reserve abgesicherten. Für 2026 rechnet die Bank mit anhaltendem Druck, verstärkt durch weitere Zinssenkungen der Fed. Der politische Druck auf die Notenbank werde zunehmen, sobald die Amtszeit von Fed-Chef Jerome Powell im kommenden Mai ende.
Die Raiffeisen Bank bestätigt die schwierige Lage des Dollars. Trotz zäher Inflation von 3,0 Prozent im September habe die Fed ihren Leitzins im Oktober um einen Viertelprozentpunkt reduziert. Damit ist ihr Handlungsspielraum für geldpolitische Lockerungen nun weitgehend ausgeschöpft. Allerdings wird die Zollpolitik des US-Präsidenten den Greenback weiterhin belasten. Zudem belastet der seit Anfang Oktober und derweil andauernde Shutdown in den USA die Währung zusätzlich.
Auch die Deutsche Bank sieht kein Ende des schwächelnden Dollars: Die Grossbank begründet ihre Einschätzung damit, dass die relativen Wachstumserwartungen zwischen den USA und Europa deutlich gesunken seien, was historisch nicht mit einer anhaltenden Dollar-Rallye vereinbar sei. Der «Trump-Schock» sei vom Markt verdaut, die implizite Volatilität beim Euro-Dollar-Paar habe den gesamten Aufwärtstrend seit der Präsidentschaftswahl vor einem Jahr rückgängig gemacht.
Ein anderes Argument, dass der Dollar weiter unter Druck geraten dürfte, liefert die Société Générale. In ihrem Währungsausblick verweist das französische Finanzinstitut auf strukturelle Haushaltsprobleme. Das gesamtstaatliche Defizit der USA liege bei 8 Prozent des BIP - das mit Abstand höchste unter allen entwickelten Volkswirtschaften.
Zudem gehen die Analysten davon aus, dass die Nettoverschuldung 2026 erstmals 100 Prozent des BIP überschreiten werde. Eine Finanzpolitik, die auf ein stärkeres Wirtschaftswachstum und auf niedrige Zinssätze abzielt, führe zunächst zu einer starken Währung. Doch der Druck, die Schulden zu senken, wird zunehmen, wie bereits das Drängen der US-Regierung gegenüber der Notenbank, die Zinsen zu senken, beweist.
Euro: Fiskalpolitik stützt
Hingegen herrscht beim Euro verhaltener Optimismus. Die Bank J. Safra Sarasin sieht gute Unterstützung durch die deutschen Haushaltsausgaben 2026, die zu einer Wachstumskonvergenz mit den USA führen sollten. Die konjunkturelle Dynamik im Euroraum habe sich zwar in der zweiten Jahreshälfte 2025 abgeschwächt und die politische Krise in Frankreich habe zusätzlich belastet, doch die Aussichten für 2026 seien positiver. Strukturell profitiere der Euro zudem von der unbestrittenen politischen Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) im Gegensatz zur USA.
Die Raiffeisen Bank prognostiziert Stabilität beim Euro-Franken-Währungspaar in der Bandbreite von 0,93 bis 0,94 Franken. Die EZB habe ihren Leitzins im September unverändert belassen. Während der Markt derzeit auf Jahressicht nicht mit weiteren Zinsschritten rechnet, prognostiziert die Raiffeisen Bank im kommenden Jahr zwei Zinssenkungen von je 25 Basispunkten. Dass die jüngste Regierungskrise in Frankreich den Euro nicht weiter geschwächt habe, sei positiv zu werten.
Die Institute prognostizieren, dass das globale geld- und fiskalpolitische Umfeld im kommenden Jahr weniger Währungsschwankungen auslöst. Für hiesige Anleger ergibt sich daraus eine klare Konstellation: Der Franken dürfte seine Position als stabile Währung festigen und moderat aufwerten. Expositionen in US-Dollar sollten kritisch geprüft und gegebenenfalls abgesichert werden, während Engagements in Euro ein ausgewogenes Profil bieten. Die Phase extremer Währungsturbulenzen scheint vorerst überwunden, wobei politische Risiken - insbesondere rund um die Unabhängigkeit der Fed und die US-Zwischenwahlen - weiterhin für Volatilität sorgen können.

