Seit Wochen war in der Unionsfraktion um eine eigene Mehrheit des Regierungsbündnisses gerungen worden. Vor allem junge Abgeordnete hatten wegen der Milliardenaufwendungen zur Sicherung des Rentenniveaus in den Jahren nach 2031 mit einem Nein gedroht.

Am Ende fiel die Mehrheit sogar grösser aus als erforderlich: Mit 319 Ja-Stimmen wurde die rechnerische Kanzlermehrheit von 316 Stimmen übertroffen. Erforderlich gewesen wäre für den Gesetzesbeschluss nur eine einfache Mehrheit. Den Bundesrat soll das Paket am 19. Dezember passieren. Dessen Zustimmung ist nicht erforderlich.

Das Rentenpaket zielt darauf ab, das Rentenniveau zu stabilisieren, die Erziehungsleistung von Müttern stärker anzuerkennen und Anreize für eine längere Lebensarbeitszeit zu schaffen. Nachfolgend die wichtigsten Punkte im Überblick:

Was sind die Kernpunkte des Rentenpakets?

  • Die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent eines Durchschnittslohns bis zum Jahr 2031 («Haltelinie»).
  • Vollständige rentenrechtliche Gleichstellung für Eltern von Kindern, die vor 1992 geboren wurden («Mütterrente III»).
  • Die steuerliche Förderung der Weiterarbeit nach Erreichen des Rentenalters («Aktivrente»).
  • Eine Stärkung der betrieblichen Altersversorgung.

Die in der Koalition vereinbarte Frühstartrente für den Aufbau einer privaten Altersvorsorge für Kinder kommt zu einem späteren Zeitpunkt.

Warum ist das Rentenniveau wichtig?

Die Regierung will das Rentenniveau bis einschliesslich der Rentenanpassung zum 1. Juli 2031 bei mindestens 48 Prozent eines Durchschnittslohns stabilisieren. Diese Haltelinie verhindert, dass die Renten langsamer steigen als die Löhne. Rentner haben damit Anteil am Wohlstandsgewinn.

Auch danach sorgt die Regelung dafür, dass das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher ausfällt als ohne die Haltelinie. Nach ihrem Auslaufen sinkt das Niveau laut Vorausberechnungen bis 2039 auf 46,3 Prozent. Ohne Haltelinie könnte es bis 2040 auf 45 Prozent absacken.

Das Rentenniveau ist eine Rechengrösse. Sie beschreibt das Verhältnis der Rente eines idealtypischen Rentners, der 45 Jahre lang Beiträge auf Basis eines Durchschnittseinkommens gezahlt hat, zum aktuellen Durchschnittseinkommen aller Arbeitnehmer. Es ist somit ein Indikator dafür, wie sich die Renten im Vergleich zur allgemeinen Lohnentwicklung verhalten. Es sagt nichts über die konkrete Höhe der individuellen Rente aus, die sich auf der Grundlage der im Erwerbsleben eingezahlten Beiträge errechnet.

Für wen steigt die Mütterrente?

Die Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder werden um sechs weitere Monate auf drei Jahre angehoben. Das gilt seit Längerem schon für später Geborene. Von dieser Ausweitung sollen rund zehn Millionen Eltern profitieren, überwiegend Frauen.

Die Neuregelung soll ab dem 1. Januar 2027 greifen, wird technisch von der Rentenversicherung aber erst zum Jahresanfang 2028 umgesetzt. Für Rentnerinnen und Rentner, die bereits 2027 Anspruch darauf haben, wird die Erhöhung über einen Zuschlag rückwirkend gezahlt.

Was ändert sich für Rentner, die weiterarbeiten wollen?

Mit der Aktivrente soll Weiterarbeit nach Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze attraktiver werden. Arbeitnehmer, die weiter einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, können ihren Arbeitslohn bis zu 2000 Euro im Monat steuerfrei erhalten.

Der jährliche Steuerfreibetrag liegt bei 24.000 Euro. Ausgenommen davon sind Gewerbetreibende, Freiberufler sowie Selbstständige in der Land- und Forstwirtschaft. Wichtig ist zudem, dass das steuerfreie Einkommen nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegt, also den Steuersatz für das restliche Einkommen nicht erhöht. Die Aktivrente soll ab 2026 gelten.

Was bringt das Rentenpaket konkret in Geld ausgedrückt?

Die Stabilisierung des Rentenniveaus sorgt dem Rentenversicherungsbericht zufolge dafür, dass die Altersbezüge im Jahr 2031 um 1,92 Prozent höher ausfallen als ohne die Reform. Eine Rentnerin mit einer Monatsrente von 1500 Euro hätte demnach rund 30 Euro im Monat mehr zur Verfügung.

Durch die Ausweitung der Mütterrente steigt die derzeitige monatliche Rente für jedes vor 1992 geborene Kind zudem um rund 20 Euro. Die Aktivrente führt für weiterarbeitende Rentner zu einem sofort spürbar höheren Nettogehalt.

Was kostet das Rentenpaket?

Allein die Haltelinie für das Rentenniveau könnte den Bundeshaushalt nach neuen Zahlen im Rentenversicherungsbericht bis 2039 mit 122 Milliarden Euro belasten. Für die Ausweitung der Mütterrente rechnet die Regierung bis 2039 mit Kosten von 62,7 Milliarden Euro. Die Aktivrente führt laut Schätzungen zu Steuerausfällen von rund 890 Millionen Euro pro Jahr.

Die Kosten werden vollständig aus dem Bundeshaushalt und damit von den Steuerzahlern getragen. Laut Berechnungen der Bundesregierung belaufen sich die zusätzlichen Ausgaben für den Bund ab dem Jahr 2028 auf zunächst zehn Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2030 steigen sie auf 12,6 Milliarden Euro jährlich. Bis 2039 steigt der Betrag auf rund 18,4 Milliarden Euro an. Der grösste Teil davon entfällt auf die Sicherung des Rentenniveaus.

Wird der Beitragssatz steigen?

Durch das Rentenpaket soll der Beitragssatz von derzeit 18,6 Prozent nicht steigen. Die Finanzierung aus Steuermitteln soll eine zusätzliche Belastung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern verhindern. Der Beitragssatz soll laut den Regierungsplänen bis einschliesslich 2027 stabil bei 18,6 Prozent bleiben.

Ab 2028 ist ein kräftiger Anstieg vorgesehen. Den Berechnungen zufolge steigt der Satz dann auf 19,8 Prozent. Bis zum Jahr 2030 steigt der Satz demnach auf 20,1 Prozent und bis 2039 auf 21,2 Prozent.

Was ist mit den Betriebsrenten?

Auch die betriebliche Altersversorgung (bAV) soll gestärkt werden. Kern ist die Weiterentwicklung der sogenannten Sozialpartnermodelle, die auf Tarifverträgen beruhen. Diese sollen künftig auch für Unternehmen geöffnet werden, die nicht tarifgebunden sind.

Zudem soll die automatische Entgeltumwandlung (Opting-out) auf Betriebsebene erleichtert werden. Für Beschäftigte mit geringem Einkommen werden die Förderbeträge für die bAV erhöht.

(Reuters)