Die amerikanischen Währungshüter beliessen den Schlüsselsatz am Mittwoch in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent. Präsident Donald Trump hat den unabhängigen Zentralbankchef Jerome Powell immer wieder scharf kritisiert und zu Zinssenkungen aufgefordert. Experten hatten sich allerdings darauf eingestellt, dass die Währungshüter die Füsse stillhalten. Ökonomen sagten zu dem Fed-Entscheid:
Bastian Hepperle, Hauck Aufhäuser Lampe:
«Die Fed dreht eine weitere Warteschleife. Der Rückhalt im Offenmarktausschuss für die abwartende Position bröckelt jedoch. Zwei Mitglieder stimmten heute für eine Leitzinssenkung. Bis zur September-Sitzung wird die Sicht über die Auswirkungen der US-Zölle auf Inflation und Arbeitsmarkt etwas klarer werden. Dann dürfte bei der Fed eine Zinssenkung mehrheitsfähig werden. Weitere Zinsschritte werden folgen. US-Präsident Donald Trump geht das alles viel zu langsam. Er wird Fed-Chef Powell weiter attackieren.»
Jochen Mörsch, HQ Trust:
«In den nächsten Monaten dürfte der Fed ökonomisch und politisch eine Gratwanderung bevorstehen. Inflation und Arbeitsmarkt könnten unterschiedliche Signale geben und damit eine schwierige Entscheidungslage für die Notenbank erzeugen. Zugleich wird die Regierung weiter auf Zinssenkungen drängen. Die Notenbank wird ihre Unabhängigkeit unterstreichen und den politischen Wünschen nicht willfährig nachkommen. Eventuelle Zinssenkungen müssen also ökonomisch klar begründbar sein. Dreh- und Angelpunkt wird der Arbeitsmarkt sein. Auch aufgrund der Zollpolitik ist eher eine Abkühlung der Beschäftigungsentwicklung zu erwarten. Daher dürfte spätestens im Dezember eine Zinssenkung anstehen.»
Robert Lind, Ökonom Capital Group:
«Die volle Wirkung der jüngsten Handelsabkommen ist noch nicht spürbar, sodass die Geldpolitik weiterhin zwischen einer nachlassenden Konjunktur und dem Risiko anhaltender Inflation abwägen muss. Die US-Notenbank hat aktuell eine neutrale Haltung eingenommen, dennoch sind wir im Hinblick auf das globale Wachstum verhalten optimistisch. Gleichzeitig zeigen sich erste Anzeichen einer Abschwächung in der US-Wirtschaft. Die Auswirkungen der Zölle dürften die Inflation zusätzlich anheizen und gleichzeitig das Wachstum bremsen, was den Druck auf die Fed erhöhen dürfte. Eine moderate Lockerung der Geldpolitik im weiteren Jahresverlauf erscheint möglich, auch wenn der Spielraum begrenzt sein könnte, sollte sich die Inflation als hartnäckiger erweisen als erwartet. In Europa rechnen wir ebenfalls mit einer leichten Lockerung der Geldpolitik, um den Auswirkungen der Zölle und einer starken Währung gegenüber dem US-Dollar entgegenzuwirken. Insgesamt bleibt das globale geldpolitische Umfeld uneinheitlich. Anleger sollten aufmerksam verfolgen, wie die Zentralbanken das Spannungsfeld zwischen Inflationsrisiken und Konjunkturstützung steuern.»
Bernd Weidensteiner, Ökonom Commerzbank:
«Die US-Notenbank hat heute ihre Leitzinsen erwartungsgemäss nicht verändert, der Zielkorridor für die Fed Funds bleibt damit bei 4,25 Prozent - 4,50 Prozent. Allerdings stimmten gleich zwei Gouverneure gegen diese Entscheidung und sprachen sich für eine Zinssenkung bereits heute aus. In der Pressekonferenz gab Fed-Chef Powell aber keine deutlichen Hinweise auf eine Zinssenkung auf der nächsten Sitzung im September. Es wird wohl auf die bis dahin noch anstehenden Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten ankommen, ob sich dann eine Mehrheit für einen solchen Schritt findet.»
Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank:
«Und auch unter konjunkturellen Gesichtspunkten gibt es bislang keinen Anlass für rasche geldpolitische Lockerungen. Die US-Wirtschaft schlägt sich solide - auch wenn die Fed betont, dass sich das Wachstum im ersten Halbjahr verlangsamt habe. Im zweiten Quartal wuchs die US-Wirtschaft mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 3 Prozent gegenüber dem Vorquartal und am US-Arbeitsmarkt werden weiterhin Stellen geschaffen. In Anbetracht der freundlichen Finanzmarktentwicklung gelten die US-Finanzierungsbedingungen darüber hinaus auch als günstig. Eines kann aus der heutigen Sitzung abgeleitet: Bleiben die kommenden Arbeitsmarktberichte solide und kommen die Inflationsraten nicht zurück, wird es zu keiner Zinssenkung im September kommen. Donald Trump wird seine Attacken gegen Fed-Chef Powell derweil fortsetzen. »
Elmar Völker, Analyst LBBW:
«Die US-Wirtschaft hält sich in den Wirren um Trumps Zollpolitik solide, wie die jüngst veröffentlichten BIP-Daten für das zweite Quartal zeigen. Der US-Arbeitsmarkt präsentiert sich trotz zeitweiliger Schwächesignale ebenfalls widerstandsfähig. Aus volkswirtschaftlicher Sicht besteht für die Währungshüter somit kein Handlungsdruck, mit baldigen Zinssenkungen die Konjunktur zu stützen. Das Ausmass der Zollwirkung auf die US-Inflation bleibt somit geldpolitisch das Zünglein an der Waage. Je stärker sich der zollbedingte Inflationsdruck in den kommenden Monaten aufbaut, desto länger dürfte die Fed an ihrem jetzigen Leitzinsniveau festhalten. Bleibt die Teuerung indes über den Sommer ähnlich zahm wie in den vergangenen Monaten, dann dürfte sich die Tür für eine Zinssenkung nach der Sommerpause ein gutes Stück weit öffnen. Ob die heutigen Gegenstimmen zugunsten einer Zinssenkung ein Fingerzeig in diese Richtung sind oder eher ein Bewerbungsstatement um die Nachfolge von Fed-Chef Powell im kommenden Jahr, wird sich zeigen.»
Michael Heise, Chefökonom HQ Trust:
«Die Tür für Zinssenkung bleibt zu, auch wenn zwei Mitglieder des Gremiums sie gerne geöffnet hätten. Angesichts der Datenlage wäre eine Zinssenkung zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu begründen gewesen. Eine robuste US-Konjunktur und eine weiterhin grosse Unsicherheit über die Auswirkungen der US-Importzölle haben eine abwartende Haltung der Notenbank erwarten lassen. Die Notenbank kann sich durch die heutigen Daten zum Bruttoinlandsprodukt und zur Preisentwicklung in ihrer Einschätzung bestätigt sehen, dass die Inflation im weiteren Jahresverlauf leicht steigen wird und die höheren Zölle allmählich beim Verbraucher ankommen. Das spricht gegen Zinssenkungen.»
Thomas Altmann, Head of Portfoliomanagement, QC Partners:
«Wie erwartet lässt die Fed ihren Leitzins unverändert. Allerdings ändert sich das Stimmungsbild innerhalb der Fed. Während die letzte Zinsentscheidung noch einstimmig gefallen ist, gab es diesmal 2 Stimmen für eine sofortige Zinssenkung. Der Rückhalt für Jerome Powells Kurs nimmt damit auch innerhalb der Fed etwas ab. Interessant dabei ist, dass beide Abweichler von Donald Trump in seiner ersten Amtszeit vorgeschlagen wurden. Michelle Bowman arbeitet zudem als Vizepräsidentin der Fed. Christopher Waller zählt zum Kreis der möglichen Nachfolger für Jerome Powell. Von daher dürfen die heutigen Gegenstimmen durchaus als Bewerbung auf den Fed-Vorsitz angesehen werden.»
(Reuters/cash)