Die Pause im Zollkrieg lässt Börsenprofis deutlich optimistischer auf die deutsche Wirtschaft blicken. Das Barometer für die Konjunkturaussichten in den kommenden sechs Monaten stieg im Mai um 39,2 Punkte auf plus 25,2 Zähler. Das teilte das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner Umfrage unter Investoren und Analysten mit. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur einen Anstieg auf 11,9 Punkte erwartet. Sie sagten in ersten Kommentaren:
Alexander Krüger, Chefökonom Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank:
«Die Aussicht auf Zoll-Deals dürfte den Absturz der Erwartungen gedreht haben. Es ist aber noch immer so, dass die US-Zollpolitik die Planungssicherheit erschwert. Die Lagebeurteilung zeigt, dass der Blick auf den künftigen Konjunkturverlauf trist bleibt. Ein nachhaltiger Stimmungsumschwung dürfte nur mit Strukturreformen erreichbar sein. Das Lieferkettengesetz zu kippen, ist zumindest schon einmal ein guter Ansatz.»
Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank:
«Die erratische Politik des US-Präsidenten hinterlässt auch entsprechende volatile Spuren bei den Konjunktureinschätzungen. Dies spiegeln auch die ZEW-Konjunkturerwartungen wider. Während es im Vormonat kräftig nach unten ging, folgt nun eine deutliche Aufwärtsbewegung. Die Aussicht auf eine Zolleinigung mit den wichtigsten Handelspartnern hat in den vergangenen Wochen auch die Hoffnung genährt, dass die konjunkturellen Schäden milde ausfallen. Dies vollziehen nun die ZEW-Konjunkturerwartungen nach.
Die ZEW-Konjunkturerwartungen haben ohnehin wesentlich deutlicher auf die Zolldebatte reagiert als andere Wirtschaftsindikatoren. Der ifo-Geschäftsklimaindex oder auch die Einkaufsmanagerindizes haben entweder kaum reagiert oder sogar positiv überrascht. Der ifo-Geschäftsklimaindex legte sogar geringfügig zu. Auch unter diesen Gesichtspunkten hatten die ZEW-Konjunkturerwartungen im Mai Aufholpotenzial.
Die zwischen den USA und China erzielte Einigung nährt die Hoffnung, dass es auch mit den anderen bedeutenden Handelspartnern zu einer Einigung kommen wird – eben auch mit der EU. Mehr noch, das Übereinkommen zeugt auch davon, dass im Weißen Haus möglicherweise ein neuer realitätsnaher Kurs eingeschlagen wird. Die deutsche Konjunktur wird möglicherweise weit weniger unter den Zollquerelen leiden als ursprünglich zu befürchten war.»
(Reuters/cash)