US-Präsident Donald Trump plädiert für Zölle von 50 Prozent ab dem 1. Juni auf Waren aus der Europäische Union. Mit der EU sei es schwierig, über das Thema Handel zu reden, erklärte Trump am Freitag. Es werde aber keine Zölle geben, wenn das jeweilige Produkt in den USA hergestellt werde. Volkswirte sagten dazu in ersten Reaktionen:
Cyrus de la Rubia, Chefökonom Hamburg Commercial Bank:
«Dass Trump auf sein Lieblingsdrohinstrument der Zölle nicht verzichten wird, ist keine Überraschung. Man kann die Drohung eines 50 Prozent-Zollsatzes dennoch nicht vollkommen ernst nehmen. Zwar ist es möglich, dass die USA tatsächlich für einige Wochen diesen Zollsatz implementieren. Angesichts der Tatsache, dass knapp 20 Prozent der US-Ausfuhren in die EU gehen und – noch wichtiger – ebenfalls knapp 20 Prozent der Importe aus der EU stammen, dürfte ein derart hoher Zollsatz eine Rezession in den USA kaum noch vermeidbar machen. Die EU ist allerdings in einer etwas unkomfortableren Situation als China, weil sie auf die militärische Unterstützung der USA bislang angewiesen ist, was bei China kein Thema ist.
Gleichzeitig haben aber die USA ein grosses Interesse daran, dass die US-Plattformunternehmen und viele andere US-Firmen weiterhin gute Gewinne in der EU einfahren. Das stünde zur Disposition, denn es ist klar, dass die EU Gegenmassnahmen erheben wird, falls die Drohung umgesetzt wird. Unter dem Strich bleibt jedoch festzustellen, dass die Unsicherheit in der Handelspolitik uns vermutlich über die gesamte Amtszeit von Donald Trump begleiten wird, ganz gleich, wie die EU jetzt reagiert.»
Marcel Fratzscher, Präsident DIW:
«Die Strategie der EU-Kommission und Deutschlands im Handelskonflikt mit Trump ist krachend gescheitert. Es handelt sich um ein vorhersehbares Scheitern: US-Präsident Trump interpretiert Europas Zaudern, Zögern und Nachgeben als Schwäche, was es auch tatsächlich ist. Europa hätte schon längst den Multilateralismus und die globale Zusammenarbeit entschlossen verteidigen müssen – und muss es weiterhin tun. Stattdessen hat Europa China und viele andere Länder im Widerstand gegen Trumps irrwitzigen Handelskonflikt im Stich gelassen, anstatt gemeinsam eine einheitliche Front zu bilden.»
Das fällt Europa nun auf die Füsse: Die meisten anderen grossen Volkswirtschaften haben bereits ein Abkommen mit Trump geschlossen oder stehen kurz davor. Europa kann jetzt nicht mit Solidarität rechnen und befindet sich in einer denkbar schlechten Verhandlungsposition – auch wenn die angedrohten Zölle von 50 Prozent auf EU-Produkte möglicherweise noch nicht das letzte Wort sind.
Die Strafzölle dürften vor allem deutsche Exportunternehmen hart treffen, insbesondere die Automobilbranche – und das in ohnehin schwierigen Zeiten. Zölle in dieser Grössenordnung könnten die deutsche Wirtschaftsleistung um etwa 0,5 Prozent verringern und die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr erneut in die Rezession führen.«
Alexander Krüger, Chefökonom Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank:
«Die zurückliegende Ruhe war eine Fata Morgana, der Zollstreit liegt breit auf dem Tisch. Jetzt ist die Abteilung Deals der EU gefragt, um Trump wieder einzufangen. Unklar ist dabei, was Trump als Gegenleistung eigentlich möchte. Europa ist weit davon entfernt, mit Zöllen von 50 Prozent leben zu können. Vielleicht möchte Trump auch nur von den durch ihn hochkochenden Haushaltsproblemen ablenken. Es zeigt sich, dass die v-förmige Erholung der Aktienmärkte trügerisch war.»
Holger Schmiding, Chefökonom Berenberg Bank:
«Dies ist eine erhebliche Eskalation der Handelsspannungen. Die EU müsste reagieren, und das würde der US-Wirtschaft und der europäischen Wirtschaft deutlich schaden. Aber Trump ist sehr unberechenbar, und ich würde nicht darauf wetten, dass es so weit kommt.»
(Reuters)