Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im September kaum noch verschlechtert. Das Ifo-Geschäftsklima sank zum Vormonat nur noch minimal um 0,1 Punkte auf 85,7 Zähler und damit das fünfte Mal in Folge, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Von Reuters befragte Fachleute hatten mit einem stärkeren Rückgang auf 85,2 Punkte gerechnet. In ersten Reaktionen hiess es dazu:
Jörg Krämer, Commerzbank-Chefökonom:
«Entgegen den Erwartungen ist das Ifo-Geschäftsklima im September faktisch nicht weiter gesunken. Aber das ist keine Entwarnung. Denn nach den vorherigen vier ausgeprägten Rückgängen in Folge weist der Trend beim Ifo-Index weiter klar nach unten. Das gilt auch für die anderen wichtigen Frühindikatoren. Für eine Rezession sprechen auch die massiven Leitzinserhöhungen im Euroraum und vielen anderen Ländern. Eine weitere Belastung ist die hohe Verunsicherung der Unternehmen über die Wirtschaftspolitik der Regierung.»
Jörg Zeuner, Chefökonom Union Investment:
«Trotzdem gibt es auch Licht. Denn die Auftragseingänge in der Industrie dürften die Talsohle gerade durchschreiten, und bei den privaten Haushalten dienen die Ersparnisse als konjunkturstabilisierender Puffer. Die Unternehmen beurteilen ihren Ausblick zudem wieder etwas zuversichtlicher als in den vergangenen Monaten. Das Schlimmste könnte also demnächst hinter uns liegen. Ein tiefer Einbruch der Wirtschaft ist aus unserer Sicht nicht zu erwarten. Selbst wenn die derzeit erhöhten Ölpreise kurzfristig noch weiter steigen sollten, erwarten wir in der Breite eine sinkende Teuerung. Der Zinsgipfel sollte damit erreicht sein.»
Alexander Krüger, Chefökonom Hauck Aufhäuser Lampe:
«Die Stimmung bleibt mies, sie hat sich zu einem Dauerzustand entwickelt. Wachstumshoffnungen bleiben damit für die nächsten Monate begraben. Die Wirtschaft befindet sich in einem Stagnationsumfeld mit klarem Hang zur Rezession. Problematisch ist, dass Treiber für eine nachhaltige Stimmungsumkehr zurzeit nicht erkennbar sind. Auch wegen hoher Energiepreise werden Unternehmen die Standortfrage noch lauter stellen.»
(Reuters)