Der US-Arbeitsmarkt zeigt überraschend grosse Anzeichen von Schwäche. Im August kamen nur noch 22.000 neue Jobs ausserhalb der Landwirtschaft hinzu, wie aus dem am Freitag veröffentlichten Bericht der Regierung hervorgeht. Von Reuters befragte Ökonomen hatten einen Zuwachs von 75.000 neuen Stellen erwartet. Die Arbeitslosenquote stieg wie erwartet leicht auf 4,3 Prozent. In ersten Reaktionen hiess es dazu:

Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank:

«Die US-Wirtschaft ist auf Sinkflug. Der schwache Jobaufbau ist ein klares Anzeichen dafür, dass die Konjunktur lahmt. Es scheint nun auch so, dass der schwache Bausektor allmählich auch auf den Arbeitsmarkt durchschlägt.»

Ulrich Wortberg, Senior Ökonomist bei Helaba:

Stellenaufbau enttäuscht erneut. Die Zahl der neugeschaffenen Stellen fällt im August mit einem Plus von 22 Tsd. unerwartet schwach aus. Bereits im Vormonat hatte der Arbeitsmarktbericht die Konsensschätzung klar verfehlt. Es mehren sich Hinweise auf eine nachhaltige Abschwächung der Arbeitsmarktdynamik, sodass die US-Notenbank in ihrer Absicht bestärkt wird, das Leitzinsband auf der nächsten FOMC-Sitzung am 17. September zu senken. Darüber hinaus dürften die Zinssenkungserwartungen auch für den Rest dieses Jahres und das Jahr 2026 tendenziell forciert werden.

Elmar Völker, LBBW:

«Die schlechten Nachrichten vom US-Arbeitsmarkt reissen nicht ab. Der Stellenaufbau kommt in der Wirtschaft nahezu zum Erliegen, auch wenn der anhaltende Stellenabbau im öffentlichen Sektor das Bild leicht zum Schlechteren verzerrt. Damit dürften letzte Zweifel daran ausgeräumt sein, dass die US-Notenbank am 17. September ihren Leitzins senken wird. Dies gilt ungeachtet eines sukzessive steigenden Inflationsdrucks. Letzterer dürfte nach unserer Einschätzung aber verhindern, dass die Notenbanker ernsthaft eine Senkung um mehr als 25 Basispunkte ins Auge fassen werden.»

Bastian Hepperle, Hauck Aufhäuser Lampe:

«Auf dem Arbeitsmarkt lief es zuletzt schon deutlich schlechter. Nun ist der Beschäftigungsaufbau nahezu zum Erliegen gekommen. Auch andere Indikatoren deuten auf zunehmende Abwärtsrisiken für den Arbeitsmarkt hin. Das ist aber nicht nur die Folge der drastisch eingeschränkten Zuwanderung. Bei nachlassender Konjunkturdynamik nimmt auch die Nachfrage nach Arbeitskräften ab. Mit den Arbeitsmarktbericht von heute ist für die Fed die Zinssenkungsflagge wohl endgültig gefallen. Das von den Zöllen ausgehende Inflationsrisiko tritt immer mehr in den Hintergrund, sodass der Weg für eine Zinssenkung am 17. September frei ist.»

Thomas Altmann, Head of Portfoliomanagement, QC Partners

«Damit ist die Tür für eine Zinssenkung in 2 Wochen jetzt nicht nur einen Spalt geöffnet. Diese Tür ist förmlich aufgerissen. An den Börsen wird die Wahrscheinlichkeit einer September-Senkung jetzt mit 113 Prozent gepreist. Das bedeutet, die Wahrscheinlichkeit einer Senkung um gleich 50 Prozent liegt bei 13 Prozent. Bis Ende des kommenden Jahres preist die Börse jetzt 6 Zinsschritte bzw. 1,50 Prozent nach oben. Zuvor waren das noch 5 Zinsschritte.»

Johannes Mayr, Chefökonom bei Eyb & Wallwitz

«Insgesamt bestätigen die Daten das Bild eines sich abschwächenden US-Arbeitsmarktes. Die Fed dürfte sich in ihrem Plan bestätigt sehen, die Zinsen im September zu senken. Auch ein überraschend starker Anstieg der Inflation in der kommenden Woche würde die Fed wohl nicht davon abbringen. Und US-Präsident Trump wird den politischen Druck hochhalten, diesen Kurs fortzusetzen. Für US-Anleger bleiben damit auch amerikanische Anleihen bis auf Weiteres attraktiv. Für europäische Investoren dominiert allerdings der anhaltende und sich verstärkende Abwärtsdruck auf den Dollar, der festverzinsliche Anlagen in den USA unattraktiv macht.»

Christoph Balz, Analyst bei der Commerzbank

«Eine derart deutliche Verlangsamung des Stellenaufbaus findet üblicherweise nur im Vorfeld einer Rezession statt. Dies wird die Sorgen bei der Fed erhöhen, dass sie zu lange gewartet hat und daher jetzt schneller agieren muss. Die Situation erinnert an den letzten Sommer, als die Fed nach einer Reihe schwacher Zahlen (und einer ebenfalls starken Abwärtsrevision beim jährlichen Benchmarking) ihren Zinssenkungszyklus mit einem grossen Schritt eingeleitet haben.»

(Reuters/cash/AWP)