Die Schweizerische Nationalbank (SNB) verlängert ihre Zinspause. Der Leitzins wurde an der geldpolitischen Sitzung am Donnerstag das zweite Mal in Folge bei 1,75 Prozent belassen. Der Entscheid war vom Markt so erwartet worden. Zuvor hatte die SNB den Leitzins in fünf aufeinanderfolgenden Schritten erhöht.

Die Reaktion von Experten zum SNB-Zinsentscheid:

Tomasz Wieladek, Chefökonom Europa, T. Rowe Price: 

«In früheren Mitteilungen wies die SNB darauf hin, dass sie sich auf den Verkauf des Wechselkurses konzentrieren würde, um sicherzustellen, dass ein starker Franken zur Senkung der Inflation beiträgt. Dieser Teil der Mitteilung wurde in der heutigen Erklärung gestrichen. In der Pressekonferenz sagte Thomas Jordan, dass die Politik geändert werden muss, wenn der Wechselkurs zu stark wird. Es ist ungewöhnlich, dass sich die SNB so direkt zum Wechselkurs äussert. Dies ist ein deutliches Signal, dass die SNB wahrscheinlich versuchen wird, sich in Zukunft proaktiver gegen den starken Franken zu stemmen.»

Reto Cueni, Chefökonom, Vontobel:

«Aus unserer Sicht tut die SNB gut daran, den Schweizer Franken nach der erneuten Aufwertung aus dem Fokus zu nehmen und nicht durch Andeutung von weiteren Verkäufen von Währungsreserven zusätzlich aufzuwerten zu lassen. Wir erwarten aktuell nicht, dass die SNB bereits in ihrer Lagebeurteilung im März den Leitzins senken wird, sondern, dass sie den ersten Zinssenkungsschritt erst in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres vornehmen dürfte.»

Nadia Gharbi, Ökonomin, Pictet Wealth Management:

«Wie erwartet beliess die SNB ihren Leitzins unverändert bei 1,75 Prozent. Der Wortlaut zu Deviseninterventionen blieb in der Erklärung unverändert, aber in der Pressekonferenz erwähnte Thomas Jordan, dass ‘wir uns nicht mehr auf Devisenverkäufe konzentrieren’, was eine ziemlich wichtige Änderung für den Franken-Ausblick darstellt. Wichtig ist, dass die SNB in ihrer Pressemitteilung die Tendenz zur Straffung aufgegeben hat. Der Satz 'Es ist aus heutiger Sicht nicht auszuschliessen, dass eine weitere Straffung der Geldpolitik notwendig werden könnte, um mittelfristig Preisstabilität zu gewährleisten', wurde gestrichen.

Die Hinweise auf die Inflation waren gemischt. Die SNB erwähnte, dass der Inflationsdruck im letzten Quartal nur 'leicht' nachgelassen habe und dass sie 'die Geldpolitik bei Bedarf anpassen wird, um sicherzustellen, dass die Inflation mittelfristig im Rahmen der Preisstabilität bleibt'. Die SNB erwähnte zudem, dass die Inflation in den kommenden Monaten voraussichtlich wieder etwas ansteigen werde. Die SNB bestätigte, dass sie mit den Zinserhöhungen fertig sei, gab jedoch keine Hinweise darauf, dass eine baldige Zinssenkung bevorstehe. Alles in allem war die Stellungnahme der SNB zu ihrer Sitzung relativ zurückhaltend.»

Santosh Brivio, Ökonom, Migros Bank:

«Wie gewohnt lässt sich die SNB nur begrenzt in die Karten schauen und bleibt ihren Ausführungen vorsichtig. Zentral erscheint uns, dass das Nationalbank-Direktorium trotz des deutlich zurückgegangenen Inflationsdrucks explizit die Unsicherheiten an der Teuerungsfront erwähnte. Zusammen mit der nur leicht nach unten angepassten SNB-Inflationsprognose, die neu von einer durchschnittlichen Jahresteuerung von 1,9 Prozent für 2024 (vorher 2,2) ausgeht, bestärkt dies uns in unserer Prognose eines längeren Verharrens des Leitzinses auf dem aktuellen Niveau.

Wir erwarten weiterhin erst für die Sitzung vom nächsten September einer Lockerung um 0,25 Prozentpunkt. Weil die Europäische Zentralbank (EZB) bereits im Sommer eine erste Zinssenkung vornehmen dürfte, bleibt damit auch der Euro gegenüber dem Franken unter anhaltendem Druck.»

Adrien Pichoud, Chefökonom, Bank Syz:

Die wichtigste Erkenntnis aus der Ankündigung von heute Morgen ist, dass die SNB jede Form von Tendenz oder Vorhersage über die Aussichten für ihren geldpolitischen Kurs aufgegeben hat. Bereits im September hatte die SNB ihren Leitzins unverändert gelassen, aber eine 'verbleibende Tendenz zur Straffung' deutlich gemacht, indem sie ausdrücklich die Möglichkeit weiterer Zinserhöhungen erwähnte und signalisierte, dass sich die Interventionen an den Devisenmärkten 'auf den Verkauf von Fremdwährungen konzentrieren' – d. h. die Stützung des Schweizer Frankens.

Diese beiden Hinweise werden nicht mehr erwähnt und machen die Haltung der SNB so neutral, wie sie nur sein kann: 1. Keine Änderung des Leitzinses. 2. Keine Erwähnung der wahrscheinlichen Richtung dieser potenziellen Anpassung 3. Keine weiteren Hinweise auf die bevorzugte Tendenz bei Devisenmarktinterventionen, auch wenn die SNB weiterhin bereit ist, bei Bedarf am Devisenmarkt aktiv zu werden.

Im Hinblick auf ein höchst ungewisses Jahr 2024 und angesichts des recht günstigen Wachstums- und Inflationsumfelds in der Schweiz kann die SNB eine abwartende Haltung einnehmen, die so lange angemessen ist, wie die Wachstums- und Inflationsdynamik nicht signifikant von dem derzeit prognostizierten Pfad abweicht. Realzinsen in Zeiten immer höherer Staatsverschuldung und die Präsidentschaftswahlen im November 2024 zwingen sie wahrscheinlich dazu. Für 2024 erwarten wir ein Jahr der Zinssenkungen, die höchstwahrscheinlich im ersten Halbjahr beginnen werden.»

Thomas Gitzel, Chefökonom, VP Bank:

«Die SNB kann entspannt bleiben. Die eidgenössischen Währungshüter mussten den Leitzins nicht so deutlich erhöhen wie etwa die Fed oder die EZB, auf der anderer Seite besteht jetzt auch nicht die Notwendigkeit sofort die Seite wechseln zu müssen. Da in der Schweiz aufgrund zu erwartender Mietsteigerungen die Inflationsrate in den kommenden Monaten wieder etwas zulegen könnte, stösst man bei der SNB nicht ins gleiche Horn wie bei der Fed, wonach nun bald schon Zinssenkungen auf der Agenda stehen könnten.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass die SNB im kommenden Jahr den Leitzins konstant bei 1.75 Prozent belassen wird. Das Zinsniveau von 1.75  iProzent st in absoluter Betrachtung gering und verträgt sich gut mit einer Inflationsrate von 1.4  Prozent und vor allem auch mit dem zu erwartenden Anstieg der Teuerungsrate in den kommenden Monaten.»

 

 

 

Daniel Hügli
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