Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hält den Leitzins weiter hoch und die Hoffnung auf Zinssenkungen im Jahresverlauf wach. Die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell beliessen den geldpolitischen Schlüsselsatz am Mittwoch in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent. Zugleich avisierten die Notenbanker für 2025 Senkungen um insgesamt einen halben Prozentpunkt und blieben damit ihrem Zinsausblick vom März treu. Die Reaktion von Experten:
Bernd Weidensteiner, Ökonom bei der Commerzbank:
«Letztlich sind die Ziele der Fed erreicht oder zumindest in Reichweite. Die Fed will diesen Erfolg keinesfalls gefährden und hält sich daher ihr Pulver trocken. Die Fed ignoriert weiterhin den Druck zu raschen Zinssenkungen, den Präsident Trump ausübt. Wir sehen keinen Anlass, unsere Prognose von Zinssenkungen im September und im Dezember zu ändern.»
Elmar Völker, Analyst bei der LBBW:
«Für den späteren Jahresverlauf peilt die Fed weiterhin eine Rückkehr zu Zinssenkungen an, denn die geldpolitische Ausrichtung bremst nach überwiegender Einschätzung noch immer die US-Konjunktur. Und Letztere befindet sich dank der erheblichen Störfeuer durch die Politik von Donald Trump längst nicht mehr in einem so robusten Zustand wie Ende vergangenen Jahres, als die Fed letztmals ihre Zinsen gesenkt hat. Gewachsen sind seither jedoch nicht nur die konjunkturellen Abwärtsrisiken, sondern auch die Aufwärtsrisiken für die Inflation. Die jüngste militärische Eskalation im Nahen Osten birgt das Potenzial, dieses 'Konjunktur-Inflations-Dilemma' der Fed weiter zu verschärfen. Da das genaue Ausmass der Inflationswirkung durch Trumps Zollpolitik weiter im Nebel des Ungewissheit schwebt, ist nach unserer Auffassung eine schnelle Abkehr von der geldpolitischen Wartestellung nicht in Sicht. Wir erwarten, dass die Fed bis zum Jahresende an ihrem aktuellen Leitzinsniveau festhält.»
Robert Lind, Ökonom bei Capital Group:
«Die Entscheidung der US-Notenbank, die Zinsen unverändert zu lassen, unterstreicht das empfindliche Gleichgewicht, das sie angesichts anhaltender Inflation, einer sich verlangsamenden US-Wirtschaft und zunehmender politischer Unsicherheit wahren muss. Während Zölle und geopolitische Spannungen die Stimmung und wirtschaftliche Aktivität belasten, halten wir es für entscheidend, sich weiterhin auf langfristige Fundamentaldaten zu konzentrieren. Die Geschichte zeigt, dass sich Märkte anpassen und erholen können - selbst angesichts erheblicher Störungen.»
Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust:
«Die US-Regierung dürfte es angesichts der zuletzt rückläufigen Inflation durchaus als provozierend empfinden, dass die Fed nicht auf politische Forderungen eingeht und die Zinsen unverändert lässt. Die Zurückhaltung der Notenbank ist gut begründet, da in den kommenden Monaten wieder mit höheren Preissteigerungen zu rechnen ist. Die erhöhten Zölle auf US-Importe werden Umfragen zufolge weitestgehend in die Absatzpreise überwälzt werden und daher von den Konsumenten zu tragen sein. (...) Prognosen der Leitzinsentwicklung sind derzeit angesichts der unklaren Zollpolitik und vieler exogener Faktoren sehr unsicher. Mehr als ein Schritt bis Jahresende scheint derzeit aber nicht drin zu sein.»
(AWP)