Zu sagen, dass die europäischen Small Caps ein düsteres Jahr 2022 hinter sich haben, ist fast schon ein Euphemismus. Die Gruppe ist auf dem besten Weg, ihr schlechtestes Jahr im Vergleich zu grösseren Unternehmen und dem breiteren Markt seit 1998 zu erleben. Der Stoxx Europe Small 200 hat bis heute 22 Prozent verloren, während der grosse Vergleichsindex nur 6 Prozent niedriger liegt. Im laufenden Quartal sind beide in einem ähnlichen Umfang gestiegen.

Die Aussicht auf eine Rezession in Europa im nächsten Jahr ist wahrscheinlich der Hauptgrund dafür, dass sich die Anleger noch nicht auf den Kauf von Aktien kleinerer Unternehmen gestürzt haben. Aber laut Eduardo Lecubarri, Stratege bei JPMorgan, sollte sie das nicht davon abhalten.

"Entgegen der landläufigen Meinung neigen Small/Mid Caps nicht dazu, in Rezessionen wesentlich schlechter abzuschneiden als Large Caps". Sie hätten vielmehr die Tendenz, ihre grösseren Konkurrenten in den ersten zwölf Monaten nach einem Aktienmarkttief um mehr als 25 Prozent zu schlagen", sagt Lecubarri.

Der JPMorgan-Stratege rät Anlegern, die Gruppe auf Sicht von zwölf bis 18 Monaten stark überzugewichten. Er meint aber, dass sich in den kommenden Monaten ein besserer Einstiegszeitpunkt ergeben könnte, wenn der breite Markt die Tiefststände von 2022 wieder wie von ihm erwartet erreiche.

Historische Aufschlag ist verschwunden

Ein Hinweis auf eine künftige Outperformance könnte die erneute Stärke des Euro sein. Small Caps sind in der Regel stärker im Inland engagiert und hatten in diesem Jahr zu kämpfen, als die Währung abstürzte. Doch ihre relative Performance war gedämpft, als sich der Euro erholte.

Für die Strategen der Bank of America sind Small Caps eine der Gruppen, die am weitesten die globale Konjunktur-Verlangsamung eingepreist haben. Die Strategen von Barclays haben erst letzten Monat ihre Untergewichtung für die Gruppe beendet. Sie begründeten diesen Schritt damit, dass kleinere Aktien grösstenteils den Rückgang der Einkaufsmanagerindizes widerspiegeln, die "nicht mehr viel weiter fallen könnten".

Was die Bewertung angeht, so ist der historische Aufschlag für kleinere Unternehmen im Euroraum beim Kurs-Gewinn-Verhältnis vollständig verschwunden. In Bezug auf das Kurs-Buchwert-Verhältnis werden sie jetzt mit einem Abschlag von 26 Prozent gegenüber grossen Unternehmen gehandelt, dem grössten Abstand seit 2009. "Das hat dazu geführt, dass sie weltweit zu viel attraktiveren Bewertungen gehandelt werden", sagt Barclays-Stratege Emmanuel Cau.

Dennoch ist der Zeitpunkt einer Rallye bei den Small Caps nicht leicht vorherzusagen. Laut Roland Kaloyan, Stratege bei der Societe Generale, könnte eine Pause bei der Straffung der Geldpolitik "ein Wendepunkt" sein, der ihn dazu veranlasst, die Anlageklasse neu zu bewerten. "Angesichts der bevorstehenden weiteren Zinserhöhungen und der globalen makroökonomischen Abschwächung halten wir es jedoch noch für verfrüht, unsere negative Haltung zu revidieren", sagt er.

(Bloomberg/cash)