Im Kanton Zürich gehören gemäss Auswertungen der Zürcher Kantonalbank mehr als die Hälfte der in privater Hand gehaltenen Wohnimmobilien Eigentümern, die bereits über 60 Jahre alt sind. Diese Generation konnte sich in jungen Jahren Wohneigentum einfacher leisten, als dies heutzutage der Fall ist. Die Herausforderung in den kommenden Jahren besteht darin, wie das Wohneigentum zu viel höheren Preisen stressfrei an die nachfolgende Generation übertragen werden kann. 

Dabei ist es für viele Eigentümer mit Kindern eine Herzensangelegenheit, das Einfamilienhaus oder Stockwerkeigentum in der Familie zu halten. Das wird aber ein immer schwierigeres Unterfangen - vor allem dann, wenn mehrere Geschwister involviert sind. Die Hausse bei den Häuser- und Wohneigentumspreisen zwingt die künftigen Eigentümer, beim Kauf einer Familienimmobilie sehr tief in die Tasche greifen zu müssen oder je nach hypothekarischer Belastung ein überdurchschnittlich hohes Einkommen zu erzielen. 

Dazu ein Rechenbeispiel: Einfamilienhäuser an guter Lage in Zürich wechseln derzeit zu Preisen von bis zu 3 Millionen Franken die Hand, wie Erhebungen des Immobilienberatungsunternehmens IAZI ergeben. Angenommen, eines der beiden Kinder will dieses Heim im Wert von 3 Millionen und einer ausstehenden Hypothek von 1 Million Franken übernehmen, so muss das anderen Geschwister-Teil mit einer Million Franken ausbezahlt werden - das entspricht der Hälfte des Eigenkapitals von 2 Millionen Franken. Unter der Annahme, dass das übernehmende Geschwister das Eigenkapital als Erbschaftsvorbezug nicht bezahlen muss, besteht nach der Übernahme eine Hypothek von 2 Millionen Franken.

Die jährlichen Kosten für eine 2-Millionen-Hypothek betragen mit einem Saron-Zins von 2,40 Prozent 48'000 Franken. Da aber die hypothekarische Belastung maximal ein Drittel des Einkommens bei einem rechnerischen Zinssatz von 5 Prozent betragen darf, muss das übernehmende Geschwister ein Bruttoeinkommen von 300'000 Franken ausweisen. Wird innerhalb der Familie keine Lösung frühzeitig aufgleist, dürfte dies für sehr viele eine enorm hohe Hürde sein.

Deshalb ist eine langfristige Planung bei der Refinanzierung unabdingbar, da die Tragbarkeit auch beim designierten zukünftigen Eigentümer gegeben sein muss und die Fremdfinanzierung weiterhin gesichert bleibt. Andernfalls besteht das Risiko, dass die Bank nach der Übertragung beziehungsweise Vererbung auf einer Reduktion der Hypothekarbelastung oder gar auf einer Veräusserung der Immobilie besteht. 

Frühzeitige Planung ist ein Muss

Für das familieninterne Vererben respektive Übertragung von Wohneigentum an die nächste Generation gibt es keine Patentlösungen. Es gibt aber verschiedene Massnahmen und Möglichkeiten, damit der Verkauf trotzdem nur als Notlösung betrachtet werden muss, erklärt Christian Rehefeldt, Leiter Fachzentrum Erbschaftsberatung bei Raiffeisen Schweiz. «Es ist wichtig, dass die Familie zu Lebzeiten Transparenz schafft und über diese Herausforderungen diskutiert.» Es gilt dabei zu klären, wer welche Interessen hat und ob es beispielsweise für die Eltern schwer verkraftbar wäre, wenn die Liegenschaft nicht in der Familie bleibt und verkauft werden muss.

Erschwerend sind im Falle eines späteren Nachlasses oftmals auch emotionale Faktoren, weshalb eine frühzeitige Planung unabdingbar ist. Das Konfliktpotenzial innerhalb der Familie lässt sich durch eine gesamtfamiliäre Planung erheblich minimieren, erklärt Mattia Hotz, Teamleiter im Bereich Vermögensplanung bei UBS gegenüber cash.ch und schlägt als Möglichkeit einen Aufschub der Teilung vor. So könnte das Kind, welches die Liegenschaft übernimmt, die Ausgleichung an seine Geschwister über einen längeren Zeitraum hinweg leisten. Auch das Halten einer Liegenschaft als fortgesetzte Erbengemeinschaft kann eine Option sein, wohingegen eine ungleiche Verteilung des Nachlasses gut überlegt sein sollte..

Hochgehende Emotionen sind gerade in komplexeren Fällen keine Seltenheit, und Familien zerstreiten sich, wenn es ums Immobilienerbe geht. Stefan Reinhard, Leiter Erbschaften und Stiftungen der Zürcher Kantonalbank, kennt die Fallstricke. Zum Beispiel bei fünf Geschwister, die ein Mehrfamilienhaus in der Stadt Zürich erben und dabei einige Wohnungen von Familienmitgliedern bewohnt werden. Die Meinungen unter den Kindern über das Vorgehen sind geteilt und die einen wollen das Haus als Renditeobjekt selbst bewirtschaften, andere wollen zum besten Marktpreis verkaufen. 

«Dieser Fall ist komplex, denn eine Erbengemeinschaft muss sich einig werden, da es keine Mehrheitsentscheide gibt. Bei so unterschiedlichen Vorstellungen kann das zu langwierigen Auseinandersetzungen führen», erläutert Reinhard. Wichtig ist, dass der Erblasser sich deshalb schon frühzeitig Gedanken darüber macht, wie er die Situation nach seinem Ableben vereinfachen kann.

Ein Ansatz zum Vermeiden von Streitigkeit kann auch sein, dass die Eltern durch einseitige testamentarische Massnahmen Einfluss auf die Nachlassabwicklung oder den Erbschaftsvorbezug nehmen. Zum Beispiel können Teilungs- und Bewertungsvorschriften aufgenommen werden, damit es zwischen den Kindern keine Streitigkeiten in Bezug auf die Übernahme oder die Bewertung der Familienimmobilie gibt. 

Geografische Unterschiede und eine Stolperfalle

«Gerade tiefere Belehnungen helfen für eine allfällige Nachfolgelösung», erklärt Donato Scognamiglio, Verwaltungsratspräsident des Informations- und Ausbildungszentrums für Immobilien (IAZI). Damit besteht bei gegebener Tragbarkeit die Möglichkeit, die Hypothek aufzustocken und damit einen Teil der Schuld zu zahlen.

Ebenso von Vorteil ist, wenn die Liegenschaft nicht in einem teuren Ballungszentrum steht. Je höher die Marktpreise und die Belehnung, umso geringer die Wahrscheinlichkeit, dass die Nachkommen mit einem durchschnittlichen Job sich gegenseitig den Marktwert auszahlen können. In Tramelan im Berner Jura ist dies wesentlich einfacher, kostet doch ein Haus 600'000 Franken und damit sechs Mal weniger als im Zürcherischen Küsnacht mit über 3.2 Millionen Franken, sagt Scognamiglio.

Es ist deshalb bereits zu Lebzeiten und früh mit der Planung zu beginnen. Und diese Lösung muss durchdacht sein, meint Rehefeldt von Raiffeisen Schweiz und weist dabei auf einen wesentlichen Stolperstein hin: Abzuraten ist von «halbgaren» Lösungen, bei denen die Liegenschaftsübertragung nicht im Detail geklärt ist.

«Ein Beispiel hierfür wäre, dass die Eltern ihr Einfamilienhaus ohne besondere Gründe allen drei Kindern zu gleichen Teilen überschreiben und sich möglicherweise zu Lebzeiten noch ein lebenslanges Nutzniessungsrecht vorbehalten. Bei solch einer Regelung werden die Probleme oftmals vertagt, jedoch nicht gelöst.»

Thomas Daniel Marti
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