Zwei Drittel der Schweizer Jugendlichen entscheiden sich mittlerweile für eine berufliche Grundbildung, also eine Lehre. 2024 wurden laut Bundesamt für Statistik fast 64'700 Abschlüsse erteilt.
Üblicherweise starten die Berufslehren am 1. August - oder spätestens kurz vor Schulbeginn, also circa Mitte August. Mit dem Wechsel von der Schule ins Berufsleben und dort mit der Kombination von Schule und Berufstätigkeit warten viele Herausforderungen auf die 15-Jährigen. Dafür werden sie aber auch belohnt. Mit wertvollen Erfahrungen - und mit dem Lohn.
Der Betrag variiert dabei je nach Beruf und Lehrjahr. Ein Beispiel: Im ersten Lehrjahr erhält eine Lernende als Kauffrau 770 Franken, als Informatiker sind es rund 100 Franken weniger. Im Vergleich zum bisher erhaltenen «Sackgeld» - in diesem Alter werden 50-70 Franken pro Monat empfohlen - ist das viel Geld.
Bis zum ersten Zahltag am 25. des Monats geht es aber noch einige Tage. Trotzdem stehen die Kinder und deren Eltern in der Verantwortung, mit diesem Geld sinnvoll umzugehen. Unverhältnismässige Ausgaben für Shoppingtouren, Videogames oder Freizeitaktivitäten können mit verschiedenen Hilfsmitteln vermieden werden.
1. Budget für die Übersicht
Wichtig, um finanzielle Stolperfallen zu erkennen und vermeiden, ist ein Budget. «So lässt sich bereits vor dem ersten Gehalt erkennen, ob die geplanten Ausgaben im Verhältnis zu den Einnahmen realistisch sind. Gegebenenfalls können frühzeitig Anpassungen vorgenommen werden, damit man früher oder später nicht ins Schuldendilemma kommt», sagt Nadja Schubiger, Leiterin Basiskunden bei der Schwyzer Kantonalbank (SZKB).
Eine Beispielrechnung des Dachverbandes für Budgetberatung zeigt, dass sich persönliche Ausgaben bei einem Lohn von 800 Franken pro Monat auf circa 320 Franken belaufen. Darin sind Ausgang, Essen, Kleider und Multimedia enthalten, welche gemäss einer Prognos-Studie im Auftrag des Verband Schweizerischer Kantonalbanken von 2018, von der Mehrheit der Schweizer Lernenden selbst übernommen werden.
Weiter stellt sich die Frage, ob Kinder verbindliche Kosten selbst bezahlen müssen oder sollen, beispielsweise Krankenkassenkosten, Fahrkosten oder Mobiltelefonrechnungen. «Es ist ratsam, sich frühzeitig mit den Eltern zusammenzusetzen, um gemeinsam zu klären, welche Kosten nach Berufsstart selbst übernommen werden müssen», rät Schubiger. Sinnvoll seien zum Beispiel Handykosten, Freizeit und Hobbys, Kleidung und Schuhe, Körperpflege, Coiffeur-Besuche sowie Beiträge für Streamingdienste.
Häufig beteiligen sich Lernende mit dem ersten Verdienst auch an Kost und Logis Zuhause. Laut der Prognos-Studie ist dies bei einem Drittel der Fall. Ob, oder wie viel, dieser Beträge von den Kindern selbst übernommen werden, hängt von der finanziellen Situation der Familie ab. Fachpersonen empfehlen als Orientierung jedoch 10 bis 20 Prozent des Lehrlingslohns. Bei 800 Franken also 80 bis 160 Franken.
Oftmals sei die Höhe dieses Betrages weniger entscheidend als die Symbolik dahinter. Denn «Hotel Mama» ist nicht gratis. Die Organisation jugendbudget.ch empfiehlt den Kindern transparent zeigen, welche Kosten der Haushalt verursacht, um das Verständnis zu fördern, wie teuer ein Haushalt sei.
Wichtig ist laut SZKB-Expertin Schubiger, dass die Kostenbeteiligung das Kind nicht belastet, sondern seine Verantwortung und den bewussten Umgang mit Geld fördert. Es sei nicht empfehlenswert, klassische Elternausgaben wie Strom-, Wasser-, Heizungskosten, Versicherungen oder Haushaltsanschaffungen zu übertragen.
Zieht man die 320 Franken für persönliche Ausgaben ab sowie 80 Franken für Haushaltsabgaben, bleiben immer noch 400 Franken übrig. Was passiert damit?
2. Stolperfallen nicht vergessen
Zuerst einmal werden ab dem 18. Lebensjahr noch einige Abgaben fällig. Denn wie auch im späteren Leben werden nicht 800 Franken ausbezahlt, sondern sie stehen lediglich zuoberst in der Lohnabrechnung als Bruttolohn. Darauf folgen jedoch noch die üblichen Abzüge für Sozialversicherungen. Nach Abzügen den entsprechenden Prozentsätzen für Altersvorsorge, Arbeitslosenversicherung, Unfallversicherung und Co. bleiben also nur noch 730 Franken.
Darauf kommen bei Erreichen der Volljährigkeit noch Steuern. Oftmals reichen die Einkünfte jedoch nicht für hohe Steuerabgaben, sondern belaufen sich lediglich auf wenige hundert Franken. Je höher jedoch das Sparguthaben auf dem Bankkonto ist, desto höher fällt dieser Betrag aus.
3. Sparen auf dem richtigen Bankkonto
Damit zum nächsten Punkt: das Sparen. Auch wenn es verlockend erscheint, das verdiente Geld auszugeben, ist es langfristig sinnvoller, zu sparen - zumindest ein Teil davon. Sei es für die ersten Ferien ohne Eltern, die Reise nach der Lehre oder das lang ersehnte Weihnachtsgeschenk, das man sich nun selbst kaufen kann.
Wichtig ist dabei die Unterscheidung der Bankkonten. «Als Grundlage für den Lohneingang empfiehlt sich ein Privatkonto. Für kurzfristige Sparziele bietet sich ein Sparkonto an», rät Schubiger. Es hilft, Rücklagen strukturiert und getrennt vom Alltag aufzubewahren. Ein Dauerauftrag kann helfen, die Einzahlung nicht zu vergessen und gar nicht erst vor der Entscheidung zu stehen. Das Geld ist somit direkt nach Erhalt in Sicherheit.
Lernende und Studierende erhalten bei den meisten Banken in der Regel bessere Zinssätze als Erwachsene - aber auch die sind in Zeiten von tiefen Zinsen nicht mehr hoch. Immer beliebter bei Jungen sind auch Online- oder Smartphone-Banken. Einen Vergleich mit Angeboten der Banken gibt es bei moneyland.ch.
Je nach Wunsch (und fehlender Disziplin beim Einzahlen) kann man bei einer Bank auch einen Sparplan und ein Sparziel definieren, um auf Kurs zu bleiben. Gleichzeitig darf man sich Gedanken über persönliche Wünsche und Ziele machen, die man sich mit dem eigenen Einkommen erfüllen möchte - damit gibt man dem Sparen ein Ziel und es macht so auch mehr Spass, ergänzt Schubiger. Die Schwyzer Kantonalbank empfiehlt mindestens 5, besser 10 bis 15 Prozent des Lohns als Richtgrösse. Nadja Schubigers Devise: «Lieber klein anfangen, damit sich eine Gewohnheit entwickelt.»
4. Anlegen für künftige Gewinne
Nach dem Motto «Sparen ist gut, Anlegen ist besser» und mit Blick auf die tiefen Zinsen auf den Sparkonten kann man Geld auch in einen Fondssparplan einzahlen. Ein solcher investiert regelmässig einen festen Betrag in einen oder mehrere Investmentfonds, der oft aus Aktien und Anleihen besteht. Denn Geld, das über längere Zeit ungenutzt auf einem Konto liegt, verliere durch die Teuerung an zukünftiger Kaufkraft.
Dafür sind keine grossen Beträge nötig, bereits kleinere Einzahlungen machen über die Zeit einen beachtlichen Unterschied. Ausserdem werden mit kleineren, regelmässigen Beträgen allfällige Kursschwankungen ausgeglichen. Wichtig ist bei Sparplänen, dass sie langfristig beibehalten werden.
Ein Fondssparplan ist nicht unantastbar. Es sind also Einzahlungspausen oder falls nötig Auszahlungen möglich. Grundsätzlich empfiehlt sich, wie beim Sparkonto, direkt einen Dauerauftrag einzurichten. Nebenbei eine Notreserve auf dem Sparkonto zu haben, ist dennoch ratsam.
5. Vorsorge
Lernende werden ab Januar nach ihrem 17. Geburtstag AHV-pflichtig. Von der Einzahlung in die Pensionskasse sind Lernende noch befreit. Denn das geringe Verdienst übersteigt üblicherweise nicht das dafür notwendige Jahressalär von 22'680 Franken.
Ab 18 Jahren können Lernende aber in die 3. Säule einzahlen. Ähnlich wie beim unabhängigen Anlegen lautet die Devise: Früh beginnen lohnt sich. Der maximale Einzahlungsbetrag in die Säule 3a von 7258 Franken im Jahr 2025 ist für Lernende natürlich unrealistisch. Aber auch kleine Beträge summieren sich über die Jahre. Die Eigeninitiative bei der privaten Vorsorge wir angesichts der kommenden Finanzierungsprobleme bei der AHV und der zunehmend schlechteren Leistungen bei Pensionskassen ohnehin immer wichtiger. Im Ruhestand decken AHV und Pensionskasse zudem nur rund 60 Prozent des letzten Einkommens ab.
Wichtig: Das einbezahlte Gels ist Gegensatz zu einem Fondssparplan nicht rückforderbar - ausser bei Spezialsituationen wie Auswanderung, Kauf von Eigentum, Firmengründung, Pension, Invalidität. Gerade für junge Leute mit dem Traum eines Eigenheims kann das Sparen mit der Säule 3a also sinnvoll sein. Ausserdem können die einbezahlten Beiträge von den Steuern abgezogen werden.
Fazit
Der erste Lohn ist also nicht nur «Friede, Freude, Eierkuchen», er stellt Lernende und Eltern vor einen Haufen offener Fragen. Der Tenor der Finanzexperten scheint jedoch klar. Ein Budget für die Übersicht der Finanzen ist unerlässlich, ausserdem wird empfohlen, das Geld nicht auf dem Sparkonto zu häufen.
Geld und Finanzen sollten frühzeitig angesprochen werden. «Wer sein Kind in finanziellen Fragen begleiten möchte, sollte den Dialog durch regelmässige Gespräche über Geld, gemeinsames Planen von Budgets sowie kontinuierlichen Austausch fördern», sagt SZKB-Expertin Schubiger. Die Expertin betont aber auch, dass sich das Interesse und die Reife im Umgang mit Geld von Kind zu Kind unterscheiden. Entsprechend sei es wichtig, das Mass an Unterstützung und Mitbestimmung individuell anzupassen.
Ausserdem kann ein monatliches oder wöchentliches Sackgeld helfen, um den Umgang mit Geld näherzubringen. «Die Grundlagen für den Umgang mit Geld werden bereits in der frühen Kindheit gelegt. Modelle wie der Jugendlohn, können Jugendlichen helfen, ein realistisches Gefühl für Lebenskosten zu entwickeln», erklärt Schubiger. Als sinnvollen und lehrreichen Einstieg nennt sie ein erster begleiteter Kleidereinkauf. Solche frühzeitigen Massnahmen helfen, den Einstieg in die Erwerbstätigkeit zu erleichtern.