Am Mittwochmorgen kostete ein Euro in der Spitze 1,0849 Franken. Das ist soviel wie seit Ende August nicht mehr. Doch nicht nur gegenüber der europäischen Einheitswährung bekundet der Franken seit Wochen Mühe. Wie die US-Investmentbank Merrill Lynch in einem Strategiepapier schreibt, war der "Swissie" – wie der Franken unter angelsächsischen Händlern auch liebevoll genannt wird – in den letzten 30 Tagen das Schlusslicht unter den wichtigsten Weltwährungen. Nicht einmal der ebenfalls schwache Dollar kommt derart schlecht davon, was die Autoren überrascht.

Abkoppelung vom japanischen Yen überrascht

Sie machen einerseits die wegfallende Ungewissheit rund um die US-Wahlen, andererseits aber auch der Durchbruch bei der Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen für die Frankenschwäche verantwortlich. Beides führt dazu, dass Anleger bereit sind, wieder mehr Risiken einzugehen. Und hier kommt der Status des Frankens als "sicherer Hafen" ins Spiel. Während Anleger in Krisenzeiten Zuflucht im Franken suchen, ziehen sie Gelder ab, sobald sich die Wogen wieder glätten.

Wie die Autoren weiter festhalten, hat sich der Franken aus bisherigen Verhaltensmustern gelöst. In diesem Zusammenhang verweisen sie auf die Abkoppelung vom Yen. Auch die japanische Währung gilt bei Anlegern seit Jahren als "sicherer Hafen". Die Währungsstrategen von Merrill Lynch schliessen nicht aus, dass der Franken im nächsten Jahr noch viel schwächer wird. Und das ganz ohne Zutun der Schweizerischen Nationalbank (SNB), wie die neusten Statistiken zu den Sichtguthaben bei der SNB verraten.

Franken bloss ein Nebenschauplatz?

Als wichtige Indikatoren für den Franken nennen die Amerikaner sowohl die Entwicklung der Dollar-Zinsen als auch jene europäischer Bankaktien. Beide dürften künftig in einer Wechselwirkung zum Franken stehen. Sprich: Steigen die Dollar-Zinsen und/oder die Kurse der Bankaktien, spräche das für einen tieferen Franken – und umgekehrt.

Kein Thema scheint bei Merrill Lynch das transatlantische Währungsgefüge zu sein. Denn wie Devisenhändler festhalten, handelt es sich bei den Euro-Franken- und Dollar-Franken-Kursen bloss um einen Nebenschauplatz. Vielmehr spielt die Musik im Euro gegen den Dollar, was sich dann jeweils in einem der Franken-Währungspaare entlädt.