Die Bank von Japan (BoJ) hat die Finanzmärkte geschockt, nachdem sie unerwartet ihre Politik zur Kontrolle der Zinskurven revidiert hat. Der japanische Nikkei-Index hat 2,46 Prozent tiefer geschlossen. In Europa notieren die Indices im Minus und auch die Futures für die US-Aktienmärkte haben ein negatives Vorzeichen. Japanische Anleihen und US-Staatsanleihen tauchten. Dafür wertet der Kurs der japanischen Landeswährung Yen zum Dollar um 3,6 Prozent auf.

Was ist passiert? 

Die BoJ hat deckelt die Benchmark-Rendite für japanische Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit statt bei 0,25 nun bei 0,5 Prozent. Dies heisst, die Notenbank des Landes lässt einen stärkeren Anstieg bei Staatsanleihen mit langer Laufzeit zu. Zudem hat die BoJ angekündigt, die Anleihenkäufe auszuweiten. Einen Zinsschritt bedeutet diese Massnahme aber nicht, wie Notenbankchef Haruhiko Kuroda betonte.

Weshalb ist dies wichtig? 

Japan ist die viertgrösste Volkswirtschaft der Welt und die Geldpolitik des Landes wird überall genau beobachtet. Zudem ist Japan die letzte der grossen Ökonomien, wo die Zinsen noch sehr tief sind. Der Leitzins der BoJ liegt seit 2016 bei -0,1 Prozent.

Japan ist zudem der grösste Schuldenaufkäufer der Welt. Indem die geldpolitische Schraube angezogen wird, könnten grössere Mengen Kapital nach Japan zurückfliessen. Dies wiederum kann die Kreditkosten weltweit ansteigen lassen. Japanische Anleger dürften zudem stärker ihr Dollar-Exposure absichern, was die japanische Landeswährung Yen im Kurs ansteigen lässt.

Die UBS schreibt, Investoren weltweit könnten aus Anleihen in den USA und anderen westlichen Ländern aussteigen. Negative Folgen könne der Notenbank-Schritt auch für die Aktienmärkte vor allem in entwickelten Ländern haben, schreibt die UBS.

Weshalb reagieren die Märkte so heftig?

Die BoJ hat die Märkte kalt erwischt. Laut Bloomberg haben sämtliche Analysten, die dem Finanznachrichtendienst Daten zugänglich machen, eine unveränderte Politik erwartet. Allerdings sagt Amir Anvarzadeh von Asymmetric Advisors, der den japanischen Markt seit drei Jahrzehnten beobachtet: "Dies müsste wegen der steigenden Inflation in Japan einfach passieren, nur ist es früher passiert als erwartet." Auch in Japan sind die Preise deutlich gestiegen. Die Teuerung liegt wie andernorts auch auf einen Vier-Jahrzehnte-Hoch.

Erhöht Japan bald die Zinsen?

Nicht unbedingt. Einige Analysten halten die heftige Marktreaktion für übertrieben. Die Absicht der BoJ dürfte sein, das Funktionieren des japanischen Anleihenmarktes zu verbessern. Die Politikänderung bei der Renditenkontrolle könnte also ein Testlauf sein. Japans Notenbankpolitik wird nicht überall gern gesehen, denn sie verzerrt die Bondmärkte und schmälert die Renditen von Banken. Dafür hielten sie die Zinskosten für die Regierung tief. Japans Staatschulden beliefen sich Ende 2021 auf 262 Prozent des Bruttoinlandprodukts.

Eine geldpolitische Straffung sei nicht automatisch zu erwarten, so Ökonom Daisuke Karakama von der Mizuho-Bank. Indem die BoJ die Anleihenkäufe noch einmal ausgeweitet hat, macht sie einen Ausstieg aus der extrem lockeren Geldpolitik eher schwieriger.

Was erwarten Analysten für die nächste Zeit?

Das zunächst grösste Thema ist die Verunsicherung, die vom BoJ-Schritt ausgeht. Die negative Marktreaktion könnte laut Analysten aber auch der Anfang von grösseren Verwerfungen sein. Bereits wird geschrieben, der japanische Notenbankchef Haruhiko Kuroda habe die Weihnachts-Vorfreuden an den Finanzmärkten zerstört.

Die Märkte hoffen allerdings auch auf weitere Aussagen von der BoJ. Chefzentralbanker Kuroda, der seinen Posten seit 2013 bekleidet, will im nächsten April zurücktreten. Bloomberg schätzt, dass Kurodas Nachfolger in seiner Kommunikation darauf hindeuten wird, dass es mit der Zeit zu einem Aussteig aus der lockeren Geldpolitik kommen werde. Voraussetzung dafür ist, dass die Weltwirtschaft 2023 wieder Fahrt aufnimmt.

Mit Material der Nachrichtenagentur Bloomberg.