cash.ch: Herr Kunzmann, das neue 100-Franken-Goldvreneli wird ab 1. Juli erhältlich sein. Mit dieser Münze will Swissmint, die Schweizer Münzstätte, «ein neues, einzigartiges Sammlerstück schaffen, das alle begeistert». Wie blicken Sie auf die Jubiläumsausgabe des 100-Franken-Vreneli?
Ruedi Kunzmann: Unsere Numismatikabteilung hat viele Anfragen erhalten, ob sie nicht einige der neuen Goldvreneli kaufen und dann weiterverkaufen könne. Wir mussten absagen, weil Swissmint nur eine Münze pro Person abgibt. Für eine gewisse Aufregung sorgte auch, dass die Münzhändler gratis und franko zahlreiche Fragen beantworten mussten. Mit der Zeit wurde es ruhiger. Dann folgten die Präsentation der Münze an einer grossen Messe in Berlin, Medienberichte und weiter steigende Goldpreise. Das hat die Leute gekitzelt und einen gewissen Boom ausgelöst.
Warum hatte die Schweiz 1925 überhaupt eine 100-Franken-Goldmünze herausgegeben? Die Münze erschien ja nur in jenem Jahr.
Die naheliegendste Erklärung lautet: Es ging um Prestige. Die Schweiz war in der Lateinischen Münzunion, zusammen mit Belgien, Frankreich, Griechenland und Italien. Jedes dieser Länder hatte schon eine 100er-Goldmünze ausgegeben, nur die Schweiz nicht - bis 1925. Offenbar fand man damals, es mache sich gut, auch noch eine Goldmünze im Nennwert von 100 Franken zu prägen. Und so hat man den einen Jahrgang herausgegeben. Die Bevölkerung hat das Geldstück gemocht. Sie kannte ja schon das 20-Franken-Vreneli und war mit ihm vertraut - es war gängiges Zahlungsmittel und wurde auch als Teil des Lohns ausbezahlt. Ein Goldstück war bedeutender als eine Banknote.
Die Jubiläumsausgabe wird für 3500 Franken ausgegeben. Halten Sie diesen Preis für gerechtfertigt?
Der Preis ist fair. Der Nennwert von 100 Franken entspricht dem Nennwert des Originals und ist insofern reine Nostalgie. Der Edelmetallwert liegt bei 2500 bis 2600 Franken, je nach aktuellem Goldpreis. Hinzu kommen Kosten für die Grafikerin, welche die Münze gestaltet hat, die Stempelherstellung, die Proben, die Prägung, die Werbung und den Vertrieb. Das alles muss man berücksichtigen. Alles in allem sind 3500 Franken ein realistischer Preis. Jedes andere Land würde für eine vergleichbare Münze einen ähnlich hohen Preis setzen.
Was verdient Swissmint respektive das Finanzdepartement an der Münze?
Die genaue Kalkulation kennen nur die offiziellen Stellen. Aber ich schätze, dass Swissmint ein paar hundert Franken pro neuem Goldvreneli verdient. Die Münzstätte hat viel Erfahrung in der Herausgabe von Sammlermünzen. Aufgrund dieser Routine wäre es ziemlich erstaunlich, wenn unter dem Strich nichts mehr übrig bleiben würde.
Für das Original aus dem Jahr 1925 bezahlt man leicht einen fünfstelligen Frankenbetrag - bis über 20’000 Franken. Wie wertvoll kann das neue 100er-Goldvreneli in einiger Zukunft werden?
Vom Original wurden 5000 Stück geprägt, was selbst für die damalige Zeit wenig war. Unterdessen ist die Nachfrage sehr hoch, beispielsweise ist das 100er-Goldvreneli gerade auch im Ausland enorm beliebt. Ein perfekt erhaltenes Stück ist darum ohne Weiteres 25'000 Franken wert. Für Münzen der Gegenwart gibt die Sondermünze zum Tennisstar Roger Federer einen Anhaltspunkt. Ihr Wert hat sich nach der Ausgabe innert weniger Tage verdoppelt. Es würde mich nicht erstaunen, wenn es mit dem neuen 100-Franken-Vreneli gleich ablaufen würde. Ich vermute, dass zum Beispiel viele Leute die Jubiläumsausgabe nicht für sich selbst erwerben, sondern um sie gleich wieder weiterzuverkaufen. So kommt der Handel in Gang. Der Preis wird sich rasch erhöhen, womöglich sogar verdoppeln - wer weiss. Und dann ist vieles möglich.
Wird die Jubiläumsausgabe dereinst an das Original herankommen?
Ich muss dazu etwas Persönliches sagen. Als ich die ersten Grafiken der Jubiläumsmünze gesehen habe, fühlte ich mich gar nicht angesprochen. Erst als ich mich längere Zeit damit befasst hatte, fand ich Gefallen. Nun halte ich die Münze für sehr gelungen. Sie passt grafisch gut in die heutige Zeit und führt die Tradition dennoch weiter. Sofern es anderen Leuten ähnlich geht wie mir, wird die Münze aufgrund ihrer ansprechenden Gestaltung und wegen der sehr kleinen Auflage zügig mehr wert sein als der Ausgabepreis. Genaueres werden wir spätestens in ein paar Monaten wissen.
Was trägt sonst noch zur Preisbildung bei?
Im Unterschied zum Original wird der Erhaltungsgrad eine untergeordnete Rolle spielen. Bei der ursprünglichen Münze von 1925 ist er sehr wichtig, weil sie im Umlauf war - einzelne Stücke sind stark beschädigt, andere fast wie neu. Das schlägt sich im Preis nieder. Das 100er-Jubiläumsvreneli ist für Sammler und Liebhaber, nicht für den Umlauf gedacht. Es ist attraktiv und geschützt verpackt und kann deshalb kaum beschädigt werden. Darum überwiegt die Begehrlichkeit der Leute auf dieser Münze. Ihr Wert wird hauptsächlich durch die emotionale Neigung der Käufer bestimmt.
Das neue 100-Franken-Goldvreneli erscheint 100 Jahre, nachdem das Original geprägt wurde. Die Münze ist ab dem 1. Juli 2025 um 9:00 Uhr im Webshop der Münzstätte Swissmint erhältlich. Dazu ist eine spezielle Registration auf der Website erforderlich.
Sie wiegt 32,258 Gramm und ist zu 90 Prozent aus Gold gefertigt. Das Feingewicht beträgt 29,032 Gramm. Die Auflage umfasst 2500 Stück. Der Ausgabepreis liegt bei 3500 Franken.
Die Jubliäumsausgabe wurde von der Künstlerin Chiara Principe gestaltet. Sie hatte schon diverse andere Gold- und Sibermünzen kreiert und arbeitet seit 2010 auf diesem Gebiet.
Swissmint hat eine Auflage von 2500 Stück geprägt. Zudem gibt es pro Käufer nur ein Exemplar. Ist das angemessen?
Was machen Hersteller von Luxusautos, damit diese für enorme Summen gekauft werden? Sie stellen nur wenige Wagen her, wecken ein Bedürfnis und sprechen eine ganz bestimmte Klientel an. Bei allen anderen, die noch kein solches Fahrzeug erwerben konnten, wächst der Wunsch, eines zu besitzen. Ganz ähnlich wird es sich mit dem neuen 100er-Goldvreneli verhalten.
Die Münze wird zunächst nur im offiziellen Shop der Swissmint erhältlich sein. Doch wird man es bald auch bei Händlern kaufen können - oder wird es bei den Erstkäufern verbleiben?
Wahrscheinlich wird das neue 100-Franken-Goldvreneli schon eine Woche nach der offiziellen Ausgabe bei Münzhändlern auftauchen und zu kaufen sein - allerdings zu einem deutlich höheren Preis als anfänglich im Swissmint-Shop. Denn es wird nicht wenige Erstkäufer geben, die das Geldstück an die Händler verkaufen und einen Erlös erzielen wollen.
Was raten Sie jenen, die am 1. Juli leer ausgehen und dennoch eines der neuen Goldvreneli kaufen wollen?
Sie sollen einen Augenblick abwarten und die Preisentwicklung beobachten. Soweit einem das Geld weniger wichtig ist als die Emotion, sollte man dann aber zügig zugreifen. Denn es ist gut möglich, dass das neue 100-Franken-Goldvreneli in den kommenden zwei bis drei Jahren eine beachtliche Wertsteigerung erfährt. Daran kann man teilhaben. Anschliessend dürfte sich der Preis stabilisieren, vielleicht sogar ein wenig zurückgehen, da der momentane Boom früher oder später auch abflachen kann.
Ruedi Kunzmann ist Experte von Sincona, einem Auktionshauses für Numismatik in Zürich. Zudem ist er Präsident des Numismatischen Vereins Zürich. Kunzmann befasst sich seit über 50 Jahren mit Numismatik, wobei er einen Schwerpunkt auf Schweizer Münzen und Banknoten gelegt hat. Zudem verfolgt er ebenfalls seit Jahrzehnten des Auktionsgeschehen und ist Autor von Fachartikeln.
