Der einst so angesehene Finanzplatz Schweiz schrumpft, wie die Financial Times am Montag in einer Analyse darlegt. Eine strengere Regulierung und die Konsolidierung der Branche würden kleinere Vermögensverwalter, aber auch Privatbanken dazu zwingen, zu fusionieren oder gar zu schliessen.
Demnach schrumpfte die Zahl der lizenzierten Finanzinstitute letzten Monat auf 1570 - das sind über 20 Prozent weniger als die 2000 zugelassenen Firmen, die es vor dem Inkrafttreten der neuen Vorschriften im Jahr 2022 gab.
Auch die Zahl der Privatbanken ist hierzulande von mehr als 100 vor zehn Jahren auf aktuell noch 82 gesunken. Die Financial Times beruft sich dabei auf Zahlen des Wirtschaftsprüfers KPMG, der davon ausgeht, dass die Privatbanken in der Schweiz bis 2023 auf unter 70 abnehmen könnten.
«Der Sektor konsolidiert sich nicht nur, weil die Firmen schwach sind - viele Deals beinhalten starke Akteure auf beiden Seiten», sagt Christian Hintermann, Partner bei KPMG. «Aber der allgemeine Trend ist klar: weniger Banken, grössere Institute und ein Finanzsektor, der schlanker, stärker reguliert und konzentrierter wird.»
Mehr verwaltete Vermögen in der Schweiz
Während die Anzahl der Finanzinstitute abnimmt, legt die Grösse des in der Schweiz verwalteten Vermögens zu - wenn auch weniger schnell als in konkurrierenden Ländern wie Singapur oder Hongkong.
Wie die Financial Times schreibt unter Berufung auf Branchenexperten, hätten neue Vorschriften die Kosten und die Komplexität der Einhaltung von Vorschriften erhöht, Das Gesetz über die Finanzinstitute (Finia), das 2022 vollständig in Kraft trat, sollte die fragmentierte Schweizer Vermögensverwaltungsbranche den globalen Standards angleichen. Damit wurden Lizenzierung von Vermögensverwaltern und Treuhändern eingeführt und erweiterte erstmals die Aufsicht über kleinere Vermögensverwaltungsfirmen.
«Es gibt viele Anbieter, die weniger als 100 Millionen Dollar verwalten, und ich weiss nicht, wie sie überleben können», sagte Sebastian Jeck, Partner bei Novum Partners, einem Schweizer Vermögensverwalter mit 10 Milliarden Dollar an Vermögenswerten. «Ich bin sicher, dass es zu einer weiteren Konsolidierung kommen wird.»
Das Ende des Bankgeheimnisses im Jahr 2017 und die Einführung internationaler Steuertransparenzregeln wie FATCA haben auch das Geschäftsmodell umgestossen, das die Schweiz einst zu einem Zufluchtsort für Offshore-Vermögen machte. Die Schweiz sei nicht länger ein Ort, an dem man Geld verstecken könne, so dass viele keine Daseinsberechtigung mehr hätten, zitiert die Wirtschaftszeitung einen Leiter einer Zürcher Privatbank, der anonym bleiben will.
Verschärfung seit CS-Untergang
Der Druck der Aufsichtsbehörden verschärfte sich nach der Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS im Jahr 2023, durch die ein inländischer Gigant mit einem verwalteten Vermögen von mehr als drei Billionen Dollar entstand.
Seit dem CS-Debakel ist die Regulierung noch schärfer geworden. Dabei fokussiert sich der Bundesrat wie auch die Finma auf systemrelevante Banken, insbesondere die UBS, deren Vermögen etwa das Doppelte des Schweizer BIP ausmacht - und neue Vorschriften erlassen, die den Kapitalbedarf der Bank im Rahmen einer verschärften «Too-big-to-fail»-Regelung um bis zu 26 Milliarden Dollar erhöhen könnten.
Das Timing der Schweizer Behörden steht in starkem Kontrast zu anderen Ländern. Während die Trump-Administration in den USA darauf drängt, die Vorschriften für den Finanzsektor zu lockern, und die EU und Grossbritannien die Umsetzung von Basel III aufweichen oder verzögern, um die Wettbewerbsfähigkeit zu schützen, geht die Schweiz in die entgegengesetzte Richtung.
Diese Divergenz hat bei Bankern und Gesetzgebern die Besorgnis ausgelöst, dass eine übermässige Regulierung die Schweizer Banken weniger profitabel und weniger wettbewerbsfähig machen könnte und gleichzeitig kleinere Akteure belastet, die bereits mit steigenden Compliance-Kosten konfrontiert sind.
Laut Finma sei es nicht das Ziel, dass kleinere Finanzinstitute überfordert werden. Vielmehr gehe es darum, sicherzustellen, dass alle Marktteilnehmer mit einer soliden Governance und einem soliden Risikomanagement arbeiten.
Der Aufwand für die Einhaltung der Vorschriften hat jedoch neue Marktteilnehmer abgeschreckt und die bestehenden Marktteilnehmer unter Druck gesetzt, die befürchten, dass die neuen Vorschriften die Branche beeinträchtigen könnten.
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