Was raufgeht, kommt irgendwann auch wieder runter. Das zumindest besagt eine alte Börsenweisheit. Noch bis September letzten Jahres schenkten Anleger dieser Weisheit bei Leonteq allerdings kaum Beachtung.

Obschon sich der Börsenwert des Anbieters von strukturierten Produkten zu diesem Zeitpunkt innerhalb von gerademal zwei Jahren verzehnfacht hatte, erfreute sich die Aktie grösster Beliebtheit. Und das nicht nur bei den Anlegern, sondern auch bei den Analysten.

Das hatte seinen Grund: Leonteq war es nämlich möglich, einen prominenten Partner nach dem anderen für die eigens entwickelte Technologieplattform zu gewinnen. Dem Wachstum schienen keine Grenzen gesetzt.

Abfolge negativer Ereignisse

Doch aus dem Höhenflug ist eine Bruchlandung geworden. Die Leonteq-Aktie hat alleine seit Mitte April gut 36 Prozent an Wert verloren. Seit dem Rekordhoch vom vergangenen September bei 230 Franken beträgt das Minus mittlerweile mehr als 70 Prozent.

Den Stein ins Rollen brachte ein Analyst der Credit Suisse. Er stufte die Aktie Ende September von "Outperform" auf "Neutral" herunter, was erstmals eine grössere Verkaufswelle nach sich zog. Zuvor konnte dem Überflieger nicht einmal ein Verkauf von Aktien im Gegenwert von 12,4 Millionen Franken durch ein Geschäftsleitungsmitglied, möglicherweise Leonteq-Chef Jan Schoch, etwas anhaben.

Ende November trennte sich Michael Hartweg, einer der Gründungspartner, überraschend von seinem Beteiligungspaket im Umfang von 3,75 Prozent. Der Leadmanager des Börsengangs habe zugestimmt, für diese Transaktion die Haltefristen aufzuheben, so liess man die Publikumsaktionäre damals wissen. Zu diesem Zeitpunkt war die Aktie allerdings schon von 230 auf 160 Franken gefallen.

Zweifel am Geschäftsmodell kommen auf

Das Jahr 2016 startete dann mit einer weiteren Hiobsbotschaft für die Aktionäre: Leonteq gab die Beendigung der Zusammenarbeit mit DBS, der grössten Bank Südostasiens, bekannt. Man habe sich aufgrund unterschiedlicher Interessen getrennt, so hiess es damals.

Doch nicht nur der Verlust des Schlüsselkunden DBS setzte der Leonteq-Aktie zu, auch ein Bundesgerichtsurteil zur Rückforderung der Verrechnungssteuer auf Dividenden im Derivatgeschäft mit ausländischen Gegenparteien. Experten zufolge verkompliziert dieses Urteil nämlich die Zusammenarbeit von Leonteq mit ausländischen Partnern.

Unangenehme Fragen muss sich der Anbieter von strukturierten Produkten auch wegen einer Gewinneinziehung im Umfang von gut 3 Millionen Franken durch die Schweizer Börse SIX wegen Marktmanipulation gefallen lassen. Diese wirft kein gutes Licht auf das Unternehmen.

Analysten erachten den Kurszerfall als übertrieben

Die aufkommenden Zweifel am Geschäftsmodell haben der einst sehr beliebten Leonteq-Aktie in den letzten Wochen noch einmal spürbar zugesetzt. Als erschwerend kommt das nur von geringen Kundenaktivitäten geprägte Marktumfeld hinzu. Denn wie Statistiken verraten, haben die Handelsumsätze bei strukturierten Produkten im Jahresvergleich spürbar nachgelassen.

Für die Analysten ist das jedoch kein Grund, die Aktie von Leonteq aufzugeben. Der für die MainFirst Bank tätige Experte zeigt weiterhin Gefallen am Geschäftsmodell und erwartet, dass das Unternehmen das Vertrauen nach allen den Rückschlägen wieder zurückgewinnen kann. Er rät Anlegern mit "Outperform"und einem optisch hohen Kursziel von 190 Franken zum Einstieg.

Selbst sein schon seit Monaten eher zurückhaltender Berufskollege von der Credit Suisse erachtet den Kurszerfall als übertrieben. Die Angst vor einem möglichen Bruch des Geschäftsmodells könne er nicht verstehen, so lässt er durchblicken. Der Experte rechnet über die nächsten Jahre mit weiteren Gewinnsteigerungen. Die Aktie wird bei der Schweizer Grossbank zwar nur mit "Neutral" eingestuft, vom eben erst auf 87 (110) Franken reduzierten Kursziel lässt sich aber ein Aufwärtspotenzial von nicht weniger als 40 Prozent ableiten.

Fragt sich bloss, weshalb sich ein Mitglied der Geschäftsleitung von Leonteq dennoch erst vor wenigen Tagen von 8900 Aktien im Gegenwert von 640000 Franken getrennt hat.