Da die Disinflation nach Aussagen von Fed-Präsident Jerome Powell in den USA bereits von den Märkten eingepreist zu sein scheint, geht der Blick der Wall Street Ökonomen wieder verstärkt hin zu den Arbeitsmarktdaten.

Im Januar wurden 517'000 neue Stellen geschaffen gegenüber dem von Bloomberg ermittelten Konsens von 189'000 neuen Stellen. Das deutet auf einen weiterhin robusten Arbeitsmarkt hin. Die Entlassungen im Tech-Bereich scheinen bisher keinen negativen Einfluss auf die Beschäftigung zu haben. Die Arbeitslosigkeit sank von 3,5 auf 3,4 Prozent. 

Dieser enorme Anstieg könnte Händler zum Umdenken ihrer Long Positionen anregen, da die eine Erhöhung der Zinsen um 25 Basispunkte im nächsten Monat noch nicht vollständig einpreist haben. Da die Fed die Märkte ausdrücklich auf "anhaltende Erhöhungen“ ausgerichtet hat, braucht die aktuelle Marktskepsis heute weit mehr als nur eine schwache Zahl, wodurch die aktuelle Risiko-Ertrags-Struktur der Zinssätze ziemlich asymmetrisch wird.

Abgesehen davon haben die Arbeitsmarktdaten die mittlere Schätzung in 7 der letzten 8 Monate übertroffen. Von Beruhigung an der Arbeitsmarktfront keine Spur. Entsprechend bleibt die Sorge hoch, dass der starke Arbeitsmarkt mittelfristig die Inflation hoch halten könnte. Das dürfte  Hoffnungen auf baldige Zinssenkungen zunichte machen. 

Ökonomen sagten in ersten Reaktionen:

Ulrich Wortberg, Helaba: "Der Arbeitsmarkt in den USA ist erstaunlich widerstandsfähig. Hinweise darauf, dass die Dynamik des Beschäftigungsaufbaus nachlässt, gibt es bislang nicht. Im Gegenteil: Der Anstieg um mehr als 500 Tsd. überrascht. Zudem ist die Arbeitslosenquote weiter gesunken, während die Stundenlöhne mit einer Jahresrate von 4,4 Prozent etwas weniger deutlich steigen. Hier wurde die Konsensschätzung ebenfalls leicht übertroffen. Die Zahlen zum Arbeitsmarkt werden die US-Notenbank darin bestärken, weiter an der Zinsschraube zu drehen. Die Zinserwartungen sollten zunehmen, zumal diese bislang sehr gedämpft sind und es einen Widerspruch gib zwischen dem geldpolitischen Ausblick der Fed und den Markterwartungen."

Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank: "Von der Arbeitsmarktentwicklung sollte auch nicht unmittelbar auf die Geldpolitik geschlossen werden. Die Fed möchte mit ihrer straffen Geldpolitik primär die hohen Inflationsraten bekämpfen, wenn sich dabei der Arbeitsmarkt weiterhin stabil entwickelt, ist dies umso besser. Die Washingtoner Währungshüter können auch im Falle einer anhaltenden Vollbeschäftigung von weiteren Zinsanhebungen absehen. Dies auch, weil die durchschnittlichen Stundenlöhne im Januar um 4,4 Prozent zulegen und damit weniger stark zulegen als noch in den Monaten davor. Unter Heranziehen der aktuellen Inflationsrate von 6,5 Prozent müssen Arbeitnehmer Reallohneinbußen hinnehmen. Gefahren einer Lohn-Preis-Spirale sind derzeit jedenfalls auch nicht erkennbar."

Bloomberg Intelligence Chief US Interest Rate Strategist Ira Jersey: "Der viel stärker als erwartete Gehaltsabrechnungsbericht könnte endlich der Datenpunkt sein, der den Markt davon überzeugt, dass die Fed dieses Jahr keine Kürzungen vornehmen wird. Daher glauben wir, dass die Spanne am langen Ende erneut getestet werden könnte, wobei die 10-jährigen Staatsanleihen erneut 3,75 Prozent übersteigen, aber wir halten einen ausgeprägteren Ausverkauf für unwahrscheinlich. In der Zwischenzeit scheint ein erneuter Test von 4,4 Prozent auf die Zweijahresanleihe möglich, wenn die Zinssenkungen für 2023 ausgepreist werden.“

Jeffrey Rosenberg, Portfolio Manager bei BlackRock zu Bloomberg: "Dies ist eine Erinnerung an das, was Powell zu sagen versuchte. Der Markt hörte aber nicht zu.“

(cash/Bloomberg)