Das erklärte Behördenchef Andreas Mundt im Interview mit Bloomberg. Das Bonner Kartellamt teilte diese Woche mit, dass es Alphabet und dessen Tochter Google Deutschland abgemahnt habe. Mundts Team wirft dem Suchmaschinenbetreiber vor, sich einen strategischen Vorteil zu verschaffen, indem es den Nutzern keine ausreichende Wahl lasse, wie ihre Daten gesammelt und verarbeitet werden.

Mundt möchte damit einen kartellrechtlichen Meilenstein setzen. Das Verfahren werde sich auf die Wettbewerbsvorteile konzentrieren, die Google aus dem Datenschatz ziehe, sagte er.

"Kaum jemand kriegt Daten in dieser Geschwindigkeit, nämlich in Echtzeit, und in diesem Umfang, nämlich alle, und in dieser Varianz, nämlich von den eigenen Webseiten und auch von vielen anderen", führte Mundt aus. "Mit so viel Daten können Sie natürlich mehr machen als Wettbewerber. Solche Assets können Sie nicht kaufen."

Kartellwächter wenden neue Befugnisse an

Bei Google wenden die Kartellwächter die neuen Befugnisse an, die sie vor zwei Jahren bekamen, um entscheidende Fragen der digitalen Wirtschaft anzugehen — ein "Topthema" der Behörde, wie der 62-Jährige sagt. Das Verfahren ist eine Weiterentwicklung des bahnbrechenden Vorgehens gegen Facebook — jetzt Meta Platforms — im Jahr 2019. Damals griff Mundt per Verfügung das datengetriebene Geschäftsmodell des sozialen Netzwerks an und sorgte weltweit für Schlagzeilen. Beide Verfahren gehen entscheidende Probleme an, sagte er.

"Bei Facebook wie bei Google geht es um fundamentale Fragen: Wo kommt die Marktbeherrschung her? Woher kommt die Dominanz? Warum bist du ein Ökosystem?", so Mundt. "Die Verfahren zur Datenverarbeitung bei Facebook und Google sind schon geeignet, an diese Wurzel heranzugehen."

Der Suchmaschinenriese erklärte zu der Abmahnung aus Bonn, Googles Ziel sei es, stets Produkte anzubieten, bei denen die Nutzerinnen und Nutzer an erster Stelle stünden und die die Anforderungen der Aufsichtsbehörden erfüllten. Das Unternehmen passe seine Dienste fortlaufend an und tausche sich weiterhin konstruktive mit dem Kartellamt aus.

Mundt nennt die Facebook-Sache sein "Lieblingsverfahren", weil es sowohl für den Datenschutz als auch für das Wettbewerbsrecht bedeutend sei. Meta hat den Bescheid angegriffen, und das Verfahren ist mittlerweile beim Europäischen Gerichtshof anhängig. Im September erhielt die deutsche Behörde Rückenwind vom Generalanwalt des Gerichtshofs, der in seinem Schlussantrag das Vorgehen als europarechtskonform befand. Die Entscheidung des EuGH wird für dieses Jahr erwartet.

Neue EU-Verordnung für die Internetwirtschaft

In nur wenigen Monaten tritt die neue EU-Verordnung für die Internetwirtschaft, der Digital Markets Act, in Kraft, ein umfassendes Regelwerk für die digitale Welt. Mundt glaubt nicht, dass damit das Kartellamt in Sachen Digitalwirtschaft arbeitslos wird.

Der DMA ziele nur auf bestimmte Dienste von Tech-Giganten wie Google oder Meta ab. Hingegen erlaubten die neuen Befugnisse des Bundeskartellamts — geregelt im §19a des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen — das gesamte Unternehmen mit all seinen Teilen für einen Zeitraum von fünf Jahren unter verschärfte Beobachtung zu stellen, so Mundt. Seine Behörde könne auch neue Geschäftspraktiken ins Visier nehmen, während der DMA eine geschlossenen Liste von Verhaltensweisen regele, so der Kartellamtschef.

Wenn neue Praktiken nicht von der DMA erfasst würden, gebe es laut Mundt immer noch Spielraum für Massnahmen nach § 19a GWB. Das gelte auch für Verhalten, das haarscharf an den bestehenden Verboten vorbeigehe, so Mund, der solche Taktiken bereits zu beobachten meint.

"Die digitale Welt ist so lebendig und dynamisch, dass ich glaube, Sie brauchen immer ein Instrumentarium, das die etwas schwierigeren Dinge aufgreifen kann", sagte Mundt. "Es bleiben da ganz sicherlich genug Dinge übrig. Mir ist da echt nicht bange, dass wir da nicht in Zukunft genug zu tun hätten."

(Bloomberg)