«Die Finanzsituation ist prekär», warnte der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Uwe Brandl, auf der Bilanzpressekonferenz Mitte der Woche in Berlin. «Ein 'Weiter so' wird nicht funktionieren.» Allein im laufenden Jahr werde bei den Kommunen ein finanzielles Defizit von zehn Milliarden Euro auflaufen. Das seien 19.000 Euro pro Minute.

Es fehle vor Ort seit Jahren das Geld, um ausreichend zu investieren. Die Folgen würden immer deutlicher sichtbar. «Die Infrastruktur bröckelt, bei Strassen und öffentlichen Gebäuden besteht ein hoher Sanierungsbedarf und die Schulen und Sportstätten sind in einem schlechten Zustand», sagte Brandl. «Wir haben einen Sanierungsstau, der immens ist.» Er summiere sich mittlerweile auf 166 Milliarden Euro.

Sozialausgaben verdoppelt

Daher müsse mehr Geld in Investitionen gelenkt werden, sagte Brandl. Dazu sei ein Bündel an Massnahmen erforderlich - etwa ein Moratorium bei neuen Leistungsversprechen und eine Neuausrichtung der Förderprogramme des Bundes. Neben dem Erhalt der bestehenden Infrastruktur würden auch für Klimaschutz, Klimaanpassung und den Umbau der Energieversorgung viele Milliarden benötigt. Das könne nicht allein vor Ort finanziert werden.

Städte und Gemeinden würden mittlerweile mehr als 70 Milliarden Euro jährlich für soziale Leistungen ausgeben - eine Verdoppelung seit 2005. Ein weiterer Anstieg sei erwartbar. «In Zeiten knapper Kassen müssen diese steigenden Kosten mit dem Verzicht auf Investitionen teuer erkauft werden», erklärte Brandl. «Diese Entwicklung darf so nicht weitergehen.» Investitionen müsse Vorrang eingeräumt werden. Dazu sei es notwendig, über alle staatlichen Ebenen hinweg Sparpotenziale auszuschöpfen und keine neuen Leistungsversprechen abzugeben. «Der Staat kann nur das verteilen, was er vorher an Steuern eingenommen hat.»

Gefordert wird zudem ein Stoppschild für neue und höhere soziale Leistungen ohne Gegenfinanzierung. Der Bund beschliesse häufig Leistungen, die die Gemeinden finanzieren müssten. «Das schnürt den Kommunen die Luft ab», betonte Brandl. Diese fordern zudem, Förderprogramme des Bundes unbürokratischer zu gestalten. Derzeit existierten mehr als 100 kommunalrelevante Förderprogramme des Bundes. «Der Förderdschungel muss gelichtet werden», forderte der Städte- und Gemeindebund.

(Reuters)