«Der russische Angriffskrieg in der Ukraine, die Lage im Nahen Osten, aber auch die aktuellen handelspolitischen Konflikte zeigen die hohe Bedeutung des gemeinsamen europäischen Marktes in besonderer Weise auf», sagte der Aussenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. «Daher sind die Chancen auf eine europa- und auch deutschlandfreundlichere Regierung in Polen ein ermutigendes Zeichen.»

Das deutsch-polnische Handelsvolumen entwickelt sich seit Jahren dynamisch: 2022 lag es bei knapp 170 Milliarden Euro. «Polen ist heute sogar unser fünftgrösster Handelspartner weltweit», sagte Treier. 2010 lag das Land noch auf Platz zehn. Die Bedeutung der deutsch-polnischen Beziehungen dürfte in den kommenden Jahren noch zunehmen, erwartet die DIHK. «Dafür spricht, dass Unternehmen in beiden Ländern vor dem Hintergrund neuer Lieferketten und gesamteuropäischer Entwicklungen wie der Energiewende, der Elektromobilität und Digitalisierung ähnliche Interessen verfolgen», sagte Treier. Dies könne auch in den kommenden Jahren zu wertvollen Synergien führen. «Und nicht zuletzt spricht der weltweite Trend des Near-Shoring von Direktinvestitionen deutscher Unternehmen für noch mehr Engagement in Polen», sagte der Experte.

Beim östlichen Nachbarn könnte es nach der Parlamentswahl eine radikale Kehrtwende geben: Die regierende national-konservative Partei PiS von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat Prognosen zufolge keine Mehrheit mehr. Eine Schlüsselrolle kommt nun Oppositionsführer Donald Tusk zu. Der 66-jährige frühere EU-Ratspräsident könnte eine Regierung schmieden - und den Dauerstreit mit Brüssel beenden. Verbindliche Ergebnisse werden aber erst am Dienstag erwartet.

Deutschland ist mit gut 21 Prozent für Polen sowohl grösstes Lieferland vor China als auch wichtigstes Abnehmerland (28,6 Prozent), so die DIHK. «Dabei exportiert Deutschland vor allem chemische Erzeugnisse, Maschinen, Kfz und -Teile sowie Elektrotechnik», sagte Treier. Importiert werden insbesondere Elektrotechnik, Kfz und -Teile, Maschinen und Nahrungsmittel.

Der Wert der deutschen Direktinvestitionen in Polen liegt aktuell bei mehr als 41 Milliarden Euro. Der Auslandshandelskammer zufolge sind rund 5500 deutsche Unternehmen in Polen aktiv. Sie beschäftigten etwa 450.000 Mitarbeiter und erzielen zuletzt einen Jahresumsatz von annähernd 100 Milliarden Euro (2021). Umgekehrt ist auch Deutschland attraktiv für polnische Investoren.

(Reuters)