Viele Analysten sagen bis zum Jahresende 2021 einen Dax-Anstieg bis auf 14'000 Punkten voraus - das wäre ein Plus von etwa sechs Prozent und entspricht ungefähr dem langjährigen Mittel. "Nach jeder Pandemie kam ein Boom", sagt Christian Kahler, Chefstratege bei der DZ-Bank. "Die Lebensfreude kehrt zurück." Doch es stehe noch ein halbes Jahr mit Unsicherheiten bevor, bis ein Corona-Impfstoff breit eingesetzt werden könne und die Pandemie überwunden sei. Außerdem haben die zuletzt ermutigenden Nachrichten zum Thema Impfstoff die Kurse zuletzt schon beflügelt.

Ein kleines Minus von einem Prozent

Sein bisheriges Hoch hatte der Dax im Februar mit 13'795,24 Zählern markiert. Danach folgte der schnellste Absturz in der Geschichte des Börsenbarometers, gefolgt von einer Erholung im Rekordtempo: Seit dem Tiefstand Mitte März hat der Dax fast zwei Drittel zugelegt. Für das Gesamtjahr bleibt damit per Saldo ein kleines Minus von einem Prozent. "Das Coronajahr wird in der Jahresbetrachtung nicht auffallen", sagt Dekabank-Experte Joachim Schallmayer. Allerdings würde das die Achterbahnfahrt im Jahresverlauf unterschlagen.

"Mit Blick auf das Jahr 2021 sollten sich Anleger unserer Meinung nach für eine Post-Corona-Welt positionieren", rät Karen Watkin, Portfoliomanagerin beim Vermögensverwalter AllianceBernstein (AB). Nach den guten Nachrichten zu verschiedenen Corona-Impfstoffen und dem Wahlsieg von Joe Biden bei der US-Präsidentschaftswahl dürfte die Wirtschaft sich erholen. "Dafür spricht auch die Tatsache, dass die Zinssätze auf niedrigem Niveau verankert bleiben, während die Notenbanken und Regierungen eng zusammenarbeiten werden, um staatliche Konjunkturprogramme in die Wege zu leiten."

2020 hatten die Börsen davon profitiert, dass die Notenbanken im Kampf gegen die Folgen der Pandemie den Geldhahn bis zum Anschlag aufgedreht haben. Auch im kommenden Jahr werde weiter ausreichend Geld vorhanden sein, prognostizieren die Experten von MM Warburg. "Da die Dynamik der Geldschöpfung allerdings abnimmt, gehen wir davon aus, dass das Thema Liquidität nicht mehr so prominent als Argument für steigende Aktienmärkte angeführt werden kann wie im Jahr 2020."

Einsparung dürften Gewinne in die Höhe schnellen lassen

Impulse könnten dagegen von den Unternehmen selbst kommen: Viele haben das Jahr 2020 genutzt, um Kosten zu reduzieren. Wenn dann die Wirtschaft in Schwung kommt, weil ein Corona-Impfstoff die Angst vor einer Ansteckung reduziert und irgendwann auch keine Schutzmaßnahmen mehr nötig sind, dürften die Gewinne nach oben schnellen. Auch wenn die Kurse zuletzt zugelegt hätten, seien die Aktien immer noch nicht überbewertet, sagt Schallmayer. "Die Kurse haben sehr schnell angezogen, die Gewinne ziehen erst im nächsten Jahr mit. Wir sind aber sehr guter Dinge, dass die Aktien in die erhöhten Bewertungen hineinwachsen können."

Die Experten von MM Warburg rechnen für die Dax-Unternehmen mit einem Gewinnanstieg in den Jahren 2021 und 2022 von 30 beziehungsweise 15 Prozent. "Mit diesen Zuwächsen erreichen die Dax-Unternehmen schon Ende nächsten Jahres wieder ihre Rekordwerte aus dem Jahr 2018." Beim Index selbst seien so bis zum Jahresende sogar 15'000 Punkte möglich.

Besonders gut sind nach Einschätzung vieler Experten die Aussichten für die Firmen, die besonders unter der Pandemie gelitten hatten. Nannette Hechler-Fayd’herbe, Chefin der Investmentstrategie bei Credit Suisse, geht davon aus, dass die Tech- und Wachstumsaktien etwas an Glanz verlieren dürften und von den Industriewerten, Rohstofffirmen und Corona-Verlierern überholt werden könnten. Interessant sei etwa alles, was mit China zusammenhänge - dort ist die Pandemie überwunden und die Wirtschaft zieht an. Als Beispiel nannte sie etwa Firmen aus dem Bau- oder Rohstoff-Sektor. "Auch Luxuswerte dürften gut laufen - einerseits wegen der hohen Sparquote, andererseits wegen der günstigen Aussichten in China." Zudem dürften Reisewerte anziehen, wenn die Verfügbarkeit von Impfstoffen Urlaub wieder möglich mache.

(Reuters)