ABB blickt zwar auf ein schwieriges Schlussquartal zurück. Allerdings schlägt sich der schweizerisch-schwedische Industriekonzern im Wissen um das sehr anspruchsvolle Branchenumfeld gar nicht mal so schlecht.

Einzig vom Umsatz hatten sich die Analysten rückblickend mehr erhofft. Ansonsten lässt das vorliegende Ergebnis zumindest keine (Anleger-)Wünsche offen. Beim Reingewinn werden die durchschnittlichen Erwartungen sogar um fast 10 Prozent übertroffen. Hier dürften auch einmalige Faktoren geholfen haben.

Die Aussagen rund um die kurzfristigen Aussichten fallen hingegen eher vorsichtig aus. Das Unternehmen selber sieht sowohl in Europa als auch in den USA Anzeichen, die auf ein schwächeres Wachstum hindeuten. Gleichzeitig sieht es die Stabilisierungstendenzen im Schlüsselmarkt China durch den Coronavirus in Frage gestellt.

Nach einem frühen Rücksetzer bis auf 23,08 Franken gewinnt die ABB-Aktie zur Stunde gar 3,7 Prozent auf 24,16 Franken. Händler berichten von auffälligen Käufen aus dem Ausland.

Beim Reingewinn halfen einmalige Faktoren

Die UBS gewinnt dem vorliegenden Zahlenkranz vorwiegend positive Aspekte ab und begrüsst vor allem die Margenverbesserungen. Gleichzeitig berichtet die Grossbank von ermutigenden Anhaltspunkten aus dem Schlüsselmarkt China. Die Situation dort scheint sich im Schlussquartal zumindest stabilisiert zu haben. Die UBS hält deshalb sowohl an ihrer Kaufempfehlung als auch am 26 Franken lautenden 12-Monats-Kursziel fest.

Aus Sicht von Goldman Sachs bewegt sich das Ergebnis im Schlussquartal weitestgehend im Rahmen der Erwartungen. Die US-Investmentbank zeigt sich insbesondere erfreut über die Fortschritte beim Auftragseingang und bei den Margen. Da Goldman Sachs in eine Firmentransaktion involviert ist, gibt sie momentan keine konkrete Anlageempfehlung ab.

Wie die Royal Bank of Canada schreibt, liegt der Quartalsgewinn nur dank Erlösen aus dem Verkauf von Joint-Ventures sowie übernahmebedingten Anpassungen über den Erwartungen. Die Grossbank stuft die Aktie wie bis anhin mit "Sector Perform" und einem Kursziel von 22,50 Franken ein.

Noch vorsichtiger äussert man sich bei J.P. Morgan. Die US-Investmentbank verweist dabei auf die unmittelbar vor der Ergebnisveröffentlichung beobachteten Schätzungsreduktionen. Ihres Erachtens lag die Messlatte für ABB angesichts dieser Reduktionen nicht gerade sehr hoch. J.P. Morgan empfiehlt die Aktie denn auch weiterhin mit "Underweight" und einem Kursziel von 20 Franken zum Verkauf.

Warten auf die Pläne des neuen Firmenchefs

So unterschiedlich der vorliegende Zahlenkranz in Analystenkreisen auch beurteilt wird, so einig ist man sich in einem Punkt: Auf den neuen Firmenchef Björn Rosengren wartet viel Arbeit, wenn er seine Tätigkeit bei ABB ab März aufnimmt.

Rosengren gilt als profunder Branchenkenner sowie als erfahrener Turnaround-Manager. Nicht zuletzt aufgrund seines beeindruckenden Leistungsausweises beim bisherigen Arbeitgeber Sandvik sind die Erwartungen an ihn jedoch sehr hoch. Eine Mitschuld trifft auch das schwedische Wirtschaftsblatt "Dagens Industri", welches in den letzten Monaten immer mal wieder Veräusserungsspekulationen kolportierte. So soll unter Rosengren nach Power Grids auch der Bereich Electrification mit einem Jahresumsatz von rund 13 Milliarden Dollar zur Disposition stehen.

Nun müssen sich die ABB-Aktionäre aber erst einmal in Geduld üben. Beobachtern zufolge dürfte es noch etwas dauern, bis Rosengren die Öffentlichkeit über seine Pläne für den schweizerisch-schwedischen Industriekonzern in Kenntnis setzt.