Was haben die Kleinbrauerei Soorser Bier, der Citymarkt Thun und die Software-Entwickler von Rightmesh gemeinsam? Alle Unternehmen sind jung und brauchen Geld. Allerdings gehen sie mit ihrem Kapitalbedarf nicht zur Bank, sondern sie versuchen es über neuartige Kanäle wie die Schwarmfinanzierung oder über Initital Coin Offerings (ICO).

Solche alternativen Finanzierungsformen sind auf dem Vormarsch. Laut einer Studie der Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit PwC und der Swiss Marketplace Lending Association wurden 2017 per Crowdlending Kredite mit einem Volumen von 186,7 Millionen Franken vermittelt.

Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Wachstum von knapp 240 Prozent. Beim Crowdlending wird Fremdkapital über das Internet vermittelt, wobei zwischen Krediten an Privatpersonen, Unternehmen und für Immobilien unterschieden wird, wie die folgende Grafik zeigt. Dazu passt auch das Wachstum bei den Firmengründungen: 2017 wurden mit 43'453 so viele Firmen ins Schweizer Handelsregister eingetragen wie noch nie. 

Crowdlending in der Schweiz, 2012-2017

Quelle: Crowdlending Survey 2018

So schnell dieser Markt auch wächst, für Investoren sind finanzielle Engagements bei Startups und aufstrebenden KMU eine Herausforderung. Denn sie müssen nebst dem ökonomischen auch das innovative Potenzial bislang unbekannter Jungunternehmen abschätzen können. Das ist alles andere als einfach: Je nach Schätzung hält sich nur jede zweite Firmengründung langfristig über Wasser.

Das Produkt und das Team

Wer einem sehr jungen Unternehmen Geld ausleiht oder sich an einem solchen beteiligen will, muss deshalb einige Punkten beachten. Stefan Steiner von der Startup-Initiative Venturelab rät bei Investitionen in ein Startup in einer frühen Phase: Man sollte sich mit dem entsprechenden Produkt identifizieren können. "Ist Produktverständnis und Marktkenntnis vorhanden, ist das für einen Investor ein grosser Vorteil",  so Steiner weiter.

Bei Online-Plattformen wie "We make it", wo Geldgeber in der Regel eine nicht-finanzielle Gegenleistung erhalten, ist dieser Aspekt noch viel zentraler. Denn bei diesen Startups sind noch kaum Finanzzahlen  vorhanden, an denen sich Investoren orientieren können. Eine solche Finanzierung wird denn auch häufig als Methode der "3F" bezeichnet: Friends, Family and Fools.

Ein zweiter wichtiger Aspekt für erste erfolgreiche Schritte als Unternehmen ist das Gründerteam. Dieses sollte komplementär zusammengesetzt und in der Lage sein, die eigenen Ideen umzusetzen. Nochmals Startup-Helfer Steiner: "Ein Team nur aus Technologieexperten macht genauso wenig Sinn, wie eines, das ausschliesslich aus Betriebswirtschaftlern besteht."

Venture Capital für die Reichen

Bei Unternehmen, die schon etwas weiter entwickelt sind und Investorengelder suchen, wird dann die Buchhaltung wichtiger. Die Plattform Swisspeers hat sich darauf spezialisiert, Fremdkapital direkt zwischen Unternehmen und mehreren Investoren zu vermitteln. Diese Crowdlending-Darlehen werfen einen Zins ab, der je nach Firmenrating unterschiedlich hoch ist. Die aktuellen Kreditprojekte variieren zwischen 100'000 und 450'000 Franken.

Swisspeers-Mitgründer Alwin Meyer sagt im Gespräch zu cash: "Für Investoren muss ersichtlich sein, dass genügend Liquidität und zukünftige Ertragskraft vorhanden ist." Zudem könne gerade bei kleineren Unternehmen, die erstmals Kapital aufnehmen, die Verflechtung des Startup-Unternehmers mit der eigenen Firma ein Thema sein, das berücksichtigt werden müsse.

Noch einen Schritt weiter geht die Finanzierungs-Plattform investiere.ch. Dort gehen die Sammelrunden gerne mal in die Millionen. Aktuell läuft beispielsweise die Finanzierung für ein Medtech-Startup in der Höhe von 15 Millionen Franken. Allerdings sind diese Angebote nicht für jedermann zugänglich, sondern richten sich an sogenannt qualifizierte Anleger. Diese müssen die Kriterien der Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) erfüllen, also beispielsweise mindestens 500'000 Franken Vermögen mitbringen sowie die nötigen Kenntnisse um die Risiken einzuschätzen.

Gleichzeitig müssen die Investoren-Einsätze mindestens 10'000 Franken betragen. "Damit sprechen wir Investoren an, die sich den Risiken von Startup-Finanzierungen bewusst sind", sagt David Sidler von investiere.ch. Gleichzeitig sollen die Investoren nicht nur Geldgeber sein, sondern mit ihrem Knowhow auch einen Mehrwert für die entsprechenden Jungfirmen darstellen, so Sidler.

Wer die Hürden überspringt, hat bei dieser modernen Form von "Venture Capital" Zugang zu sämtlichen verfügbaren Informationen über das Startup, das von Interesse ist. Laut investiere.ch ist sodann auch die Erfolgsquote höher als anderswo. Gemäss eigenen Angaben wurden bisher in 70 Finanzierungsrunden 50 Unternehmen unterstützt. Davon sind 45 Firmen immer noch aktiv.

ICO: Wer traut sich?

Dem gegenüber sind ICO das noch viel grössere Abenteuer für Anleger. Wie eingangs erwähnt, ist auch diese Form der Geldbeschaffung mittels Ausgabe digitaler Münzen ein aktueller Trend. Allerdings einer, wo sich immer wieder auch Scheinunternehmen und Spekulanten bereichern (cash berichtete).

Schlussendlich haben aber alle Formen von Startup-Investment eines gemeinsam: Welche Projekte das Risiko wert sind, muss der Anleger selbst entscheiden. Das ist auch beim Soorser Bier, beim Citymarkt Thun und bei den Software-Entwicklern von Rightmesh der Fall.