Letzte Woche liess die US-Börsenaufsicht SEC den Handel von börsenkotierten Fonds zu, die direkt in die Kryptowährung Bitcoin investieren. Die SEC genehmigte damit so genannte Bitcoin-Spot-ETF unter anderen auf Anträge von Blackrock und Fidelity Investments, also von Weltmachten in der Vermögensverwaltung.

Der SEC-Entscheid wurde von der Kryptobranche als «Meilenstein» und «als historischer Durchbruch» bejubelt, die älteste Kryptowährung werde nun «hoffähig» und «Mainstream». Die Branche fühlt sich von der Finanzindustrie nun endlich auch respektiert.

Sheila Warren sieht dies etwas nüchterner, wenn auch im positiven Sinn. Für sie kam der Zulassungsentscheid für Spot Bitcoin ETF «überhaupt nicht überraschend». Man könne den Leuten doch nicht etwas verbieten und vorenthalten, wonach es ein echtes Bedürfnis gebe, sagt Warren im Gespräch mit cash.ch am World Economic Forum am WEF 2024 in Davos.

Was man wissen muss: Sheila Warrens Wort hat Gewicht. Aber sie ist in dieser Angelegenheit nicht ganz unparteiisch. Warren ist seit 2021 Chefin des Crypto Council for Innovation (CCI) mit Sitz in der US-Hauptstadt Washington. Es ist eine globale Allianz, die Krypto-Innovationen vorantreibt und bei Regulierungsfragen mitreden will. Lobbyieren gehört also zum Auftrag von Warren.

Erstaunt über Bedenken wegen Bitcoin als Anlageklasse

Gegründet wurde der CCI von der in San Francisco ansässigen Investmentfirma Paradigm, mittlerweile stehen auch die Krypobörse Coinbase, der Fondsriese Fidelity, das Fintech-Unternehmen Square oder die Wagniskapitalfirma Andreessen Horowitz hinter dem CCI.

So wenig überrascht Warren über den SEC-Entscheid war, umso mehr erstaunte die Harvard-Juristin die Kommentare, welche die Börsenaufsicht gleichzeitig zum ETF-Entscheid abgab. Die Behörde äusserte nämlich auch grundsätzliche Bedenken über den Bitcoin als Anlageklasse. «Das war richtig eigenartig und bizarr», echauffiert sich Warren, die vor ihrer Beschäftigung bei CCI das Blockchain- und Digital-Assets-Team des WEF gründete und leitete.

Warren begründet solche Statements mit ihrer Beobachtung, dass die Kryptobranche und die Meinungen dazu noch immer sehr stark von Einzelpersonen geprägt wird. Das zementiert das Schwarz-Weiss-Denken zu Bitcoin und die «Love-or-Hate-it»-Haltung gegenüber Krypto.

Auf der einen Seite steht etwa die Tech-Investorin Cathy Wood, die Bitcoin nach dem SEC-Entscheid im Jahr 2030 nun bei 1,5 Millionen Dollar sieht. Auf der anderen Seite gibt es JPMorgan-CEO Jamie Dimon, der kürzlich fand, die US-Regierung sollte «Krypto schliessen».

Leistungstest für die neuen Bitcoin-ETF

Dass Warren, die auch Co-Moderatorin des Coinbase-Podcast «Money Reimagined» ist, für solche Haltungen kein Verständnis aufbringt, liegt auf der Hand. Sie verweist mit durchaus ironischem Unterton auf die Geschäfte, welche JP Morgan Chase mit Kryptowährungen macht. So etwa mit dem 2019 eingeführten JPM Coin, ein an den Dollar gekoppelten Stablecoin, mit dem die US-Grossbank Transaktionen im Wert von über 1 Milliarde Dollar pro Tag abwickelt.

Metamorphosen wie die von Blackrock-CEO Larry Fink, der noch 2017 Bitcoin als «Index für Geldwäsche» bezeichnete und mittlerweile gar einen Ethereum-ETF als “wertvollen Schritt” auf dem Weg zur Tokenisierung sieht, schätzt Warren viel lieber. Die «Schwarz-Weiss-Diskussionen» bei den Kryptowährungen hält sie für überflüssig, denn für sie ist ganz klar: «Bitcoin wird ohne jeden Zweifel bleiben, Blockchain wird bleiben, wie auch Bargeld bleiben wird.»

Dass von Bitcoin und Blockchain künftig aber mehr Anwendungen in der Praxis kommen müssen, um ihre Glaubwürdigkeit zu behalten, stellt Sheila Warren aber nicht in Abrede. Einen Leistungstest sehen Experten auch für die neu aufgelegten Sport-ETF auf den Bitcoin. Um die Erwartungen zu erfüllen, sollte die Vehikel bis Ende Monat rund 10 Milliarden Dollar an Nettozuflüssen anziehen. 

Daniel Hügli
Daniel HügliMehr erfahren