Immer mehr Privatanleger springen auf den fahrenden Börsen-Zug auf. So haben in den letzten zwei Monaten die in der Schweiz zugelassenen Fonds deutlich gestiegene Geldzuflüsse verzeichnet. Seit September sind nach Angaben des Schweizerischen Fondsverbands (SFA) über zwei Milliarden Franken in Aktienfonds geflossen.

Zuvor waren viele Anleger während Monaten der Börse fern geblieben und horteten ihr Geld auf dem Konto. Dieser plötzliche Run auf Aktien verfolgen Profi-Investoren mit Sorgenfalten - weil sie in der Regel wenig Gutes verheissen. Oftmals steigt die Mehrheit der privaten Anleger sehr spät auf den Börsen-Zug auf, was in der Branche etwas despektierlich als der Beginn der Hausfrauen-Rally bezeichnet wird.

Bekannte Investoren warnen vor Korrektur

Auffallend ist, dass seit einigen wenigen Wochen bekannte Investoren zur Zurückhaltung bei Aktien mahnen. So sprach Laurence Fink, Chef des weltweit grössten Vermögensverwalters Blackrock, kürzlich auf einer Konferenz von einer Rückkehr "blasenartiger Märkte". Als Beispiel führte er die gemäss eigenen Aussagen "übereifrigen Kursgewinne" von Aktien.

Vergangene Woche goss Hedgefondsmanager Carl Icahn weiteres Öl ins Feuer. "Ich bin derzeit vorsichtig bei Aktien. Dieser Markt könnte locker stark abstürzen", sagte der als aggressiver Investor bekannte Icahn auf einer Anlegerkonferenz.

Die Kurse könnten tief fallen, weil die Gewinne vieler Unternehmer mehr durch niedrige Kreditzinsen befeuert würden als durch die Strategie des Managements. Nach diesen Aussagen von Icahn gaben die Kurse an der New Yorker Börse ein halbes Prozent nach.

Bereits Ende Oktober hatte Norwegens Staatsfonds, Europas grösster Aktieninvestor, vor Rückschlägen gewarnt. "Unser Anteil am Aktienmarkt ist stabil geblieben oder geschrumpft, obwohl die Märkte gestiegen sind, und das bedeutet, dass wir Zuflüsse nicht für Aktienverkäufe nutzen", sagte damals Yngve Slyngstad, der CEO der Norges Bank Investment Management. Der Fonds bereite sich auf eine "Korrektur" der Aktienkurse vor.

Tatsächlich deuten einige Warnsignale darauf hin, dass den Aktienmärkten eine turbulentere Zeit bevorstehen könnte.

Zunehmende Risikobereitschaft: In den USA ist die Nachfrage nach risikoreichen Börsenneulingen angestiegen. Deren Aktienkurse sind am ersten Handelstag durchschnittlich 17 Prozent gestiegen – so stark wie seit zehn Jahren nicht mehr. An der Spitze steht die Aktie des unprofitablen Internetdiensts Twitter, die 73 Prozent in die Höhe schnellte.

Dauer des Bullenmarkts: Seit dem letzten Tiefpunkt am 10. März 2009 sind viereinhalb Jahre vergangen, in denen sich die meisten Indizes mehr als verdoppelt haben. Gemäss Bloomberg-Berechnungen haben Bullenmärkte seit dem Zweiten Weltkrieg nach rund vier Jahren geendet.

Insider-Barometer: In den letzten Wochen haben Firmenmanager wieder deutlich mehr Aktien abgestossen, wie der Insider-Barometer des Aachener Forschungsinstituts für Asset Management (Fifam) zeigt. Dieses ist in den letzten 14 Tagen um zwölf auf 71 Zähler gesunken. Bereits Werte unter 90 gelten als Verkaufssignal. Transaktionen von Insidern haben meist eine gute Aussagekraft. Letztmals erreichte dieses Barometer Mitte 2006 einen solch tiefen Wert. Danach sanken die Börsen gut zehn Prozent.  

Zunehmender Pessimismus: Immer mehr Anleger tendieren dazu, ihre Portfolios gegen Verluste abzusichern. Das zeigen Daten der Derivatebörse Scoach. Derzeit sind 71 von 100 gehandelten Produkten Put-Scheine, während lediglich 28 Produkte auf steigende Kurse gekauft werden. Ein solch hohes Put-Call-Ratio gab es seit Monaten nicht mehr. Auch andere Indikatoren, die das Börsen-Sentiment spiegeln, haben hohe Niveaus erreicht. Zum Beispiel der Bull-Bear-Index vom Forschungsinstitut Institutional Investor’s. Derzeit gibt es dreimal mehr optimistische als pessimistische US-Finanzberater. Eine solche Differenz gab es seit April 2011 nicht mehr.

Volatilität: Die erwartete Schwankungsbreite am Schweizer Aktienmarkt ist derzeit so tief wie seit Mitte März nicht mehr. Der auf den SMI berechnete Volatilitätsindex (VSMI) notiert derzeit unter 11 Prozentpunkten. Als der VSMI letztmals auf diesem Niveau notierte, kam es wenige Wochen später zur deutlichen Sommer-Korrektur.


Dessen ungeachtet setzen Banken bei ihrem Ausblick für 2014 weiterhin auf Aktien. "Es wird ein gutes Börsenjahr geben", sagt beispielsweise  Julius-Bär-Chefstratege Christian Gattiker. Es sei in hundert Jahren noch nie vorgekommen, dass auf ein derart gutes Aktienjahr ein Einbruch erfolgt sei. Aber auch andere Finanzhäuser setzen weiterhin auf den Bullenmarkt.

Die Vergangenheit zeigt indes, dass es dann gefährlich wird, wenn alle Marktteilnehmer nur noch von steigenden Kursen ausgehen. "La hausse amène la hausse" – die Hausse nährt die Hausse, nennt sich dieser Zustand. Spätestens zu diesem Zeitpunkt beginnen die Contrarians, sich für eine baldige Korrektur zu positionieren.