«Die Zeit ist gekommen, die Zinsen zu senken.» Mit diesen Worten hat Fed-Chef Jerome Powell am Notenbankentreffen von Jackson Hole die US-Zinswende eingeläutet. Die Inflation scheint sich im Zaum zu halten, der Arbeitsmarkt normalisiert sich, das heisst, die Arbeitslosenquote steigt auf tiefem Niveau. Das spricht für eine sanfte Landung der US-Konjunktur.
Voraussichtlich wird die US-Notenbank bei ihrer nächsten Sitzung im September den Leitzins um mindestens einen Viertelprozentpunkt senken.
Damit schmilzt der grosse Zinsvorteil, den Dollar-Anlagen gegenüber anderen Währungen haben. Diese Aussicht belastet den Aussenwert des Greenbacks. Zum Schweizer Franken ist der Kurs unter 85 Rappen gefallen.
Im Vergleich zu einem Korb der wichtigsten Handelswährungen hat der Dollar sogar das Tief vom vergangenen Dezember unterschritten. Die gesamten Kursgewinne von rund 5 Prozent im ersten Halbjahr sind damit zunichte.
Dramatisch ist die Abwertung allerdings nicht. Wenn man ein wenig heranzoomt, sieht man: Das Auf und Ab in dieser Grössenordnung ist normal – kein Vergleich zum Aufwertungsschub von vor zwei Jahren oder zu den grossen beiden grossen Wellen in den 1980er-Jahren und um die Jahrtausendwende.
Der Dollar-Index ist nun etwa wieder auf dem Niveau, auf dem er 1973 nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems mit fixen Wechselkursen begonnen hat.
Es ist auch nicht so, dass der Dollar nach der jüngsten Abwertung besonders «günstig» oder «unterbewertet» wäre. Davon spricht man, wenn sich der Wechselkurs weit unter einem fairen Wert bewegt, der durch die Inflationsdifferenz zustande kommt. Denn lange galt der Dollar als überbewertet, jetzt ist der Wechselkurs zum Euro und zum Franken wieder näher am Gleichgewicht.
Die Abwertung hat auch nichts mit dem Dollar als Leitwährung zu tun. Ein schwächerer Dollar ist Ausdruck der relativen Zins- und Inflationserwartungen. Seine Position als weltweite Leitwährung hängt nicht vom Kurs, sondern von seiner Verbreitung und Akzeptanz als Handels-, Finanzierungs- und Reservewährung ab. Und diesbezüglich ist der Dollar unangefochten an der Spitze, gerade weil er frei handelbar ist und schwanken darf und weil die USA den grössten und liquidesten Kapitalmarkt bieten.
Phasen der Dollar-Schwäche sind in der Regel von steigenden globalen Aktienkursen und Kapitalflüssen in die Emerging Markets gekennzeichnet. Und bei den global orientierten US-Unternehmen sprudeln die Gewinne. Umgekehrt ist die Dollar-Schwäche für Schweizer Unternehmen mit hohem Umsatzanteil in den USA und Kosten in Franken eine Herausforderung. Doch insgesamt ist für die Schweiz der Euro-Franken-Kurs wichtiger.
Im Gegensatz dazu geht ein starker Dollar oft mit Turbulenzen an den Finanzmärkten einher und kann in Schwellenländern mit hoher Dollar-Verschuldung zu Solvenzproblemen führen.
Dieser Artikel erschien zuerst auf handelszeitung.ch mit dem Titel: "Der schwächere Dollar ist kein Grund zur Sorge".
1 Kommentar
Ich bin gespannt, ob gemäss Ihrer Aussage für die Schweiz der Euro-Franken-Kurs immer noch wichtiger ist, wenn in der Schweiz eine Kündigungswelle bei exportorientierten Unternehmen in die USA und China eintreten würde.
Ihre pauschale Aussage, dass bei global orientierten US-Unternehmen die Gewinne nur so sprudeln erscheint mir ebenfalls gefährlich. Haben Sie die Finanzdaten all dieser US-Unternehmen im DJ und NASDAQ gesichtet? Ich glaube kaum.