Die Grossbank UBS will die Herkulesaufgabe der Credit-Suisse-Übernahme mit einem neuen Konzernchef stemmen. Der Konzern holt überraschend den langjährigen Chief Executive Officer Sergio Ermotti an die Konzernspitze zurück.

Dieser werde den Posten am 5. April antreten, teilte die UBS am Mittwoch mit. Der jetzige Konzernchef Ralph Hamers werde die Bank nach einer Übergangsphase verlassen. Der UBS-Verwaltungsrat hatte offenbar Zweifel, ob der Retail-Banker Hamers, der sich vor allem mit der Digitalisierung von Bankgeschäften einen Namen gemacht hat, der richtige Mann ist für die Integration der in Schieflage geratenen Credit Suisse. In seinen neun Jahren als UBS-Chef hatte Ermotti dagegen das Investmentbanking des Konzerns eingedampft und die Risiken reduziert.

UBS halte zwar an der bisherigen Strategie fest, erklärte Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher. Gleichzeitig setze die Übernahme der Credit Suisse neue Prioritäten. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass Sergio mit seiner einzigartigen Erfahrung die Integration erfolgreich abschließen wird, die für die Kunden, Mitarbeiter und Investoren beider Banken sowie für die Schweiz so wichtig ist. Ich bin sicher, dass Sergio sofort voll durchstarten wird."

Er dankte Hamers "für sein Verständnis der aktuellen Situation und seine Bereitschaft, zurückzutreten." In der Vergangenheit hatten Medien wiederholt über die Frage spekuliert, wie gut Kelleher und Hamers harmonierten. Über Hamers hängt zudem das Damoklesschwert einer Untersuchung der Justiz zu Vorkommnissen während seiner Zeit als ING-Chef.

Überwiegend negative Reaktionen auf Übernahme

Der Bundesrat und die Regulatoren hatten die UBS vor rund zehn Tagen dazu gedrängt, die mit einem Bankensturm konfrontierte Credit Suisse praktisch über Nacht zu schlucken. Für die Übernahme griff die Regierung auf Notrecht zurück.

In der Schweiz fielen die Reaktionen überwiegend negativ aus. Politiker und die breite Öffentlichkeit befürchten, dass der Wettbewerb mit nur noch einer Großbank leidet, dass Tausende von Stellen abgebaut werden und dass die Schweiz den neuen Giganten UBS im Notfall kaum mehr retten könnte.

Der UBS-Verwaltungsrat traut nun offenbar Ermotti die Integration der Credit Suisse eher zu als Hamers. Auch die Anleger applaudierten. "Welcome back, Sergio...and do it again", erklärte Vontobel-Analyst Andreas Venditti.

Ermotti habe die UBS nach der Finanzkrise neu aufgestellt, indem er die Investmentbank gestutzt und einen tiefgreifenden Kulturwandel durchgesetzt habe. Diese Erfahrung, zusammen mit seinem tiefen Verständnis der Finanzdienstleistungsbranche in der Schweiz und rund um den Globus, machten Ermotti zum idealen Firmenlenker.

Die UBS-Aktien zogen am Morgen 1,8 Prozent an. "Die Entscheidung, Sergio Ermotti zurückzuholen, ist sehr positiv, da sie das Integrations- und Ausführungsrisiko um 80 Prozent senkt", sagte Davide Serra, Chef von Algebris Investments.

Ermotti will sich noch nicht in die Karten blicken lassen

Derzeit ist Ermotti Verwaltungsratspräsident bei Swiss Re. Die Leitung des Strategie- und Aufsichtsgremiums des Rückversicherers wird Ermotti nach einer Übergangszeit abgeben. Bei Swiss Re soll Jacques de Vaucleroy als Vizepräsident während der Übergangsphase die Nachfolgeregelung leiten.

Zu seinen Plänen für die UBS wollte sich Ermotti noch nicht in die Karten blicken lassen. "Es handelt sich um eine dringende und anspruchsvolle Aufgabe", erklärte er in der Mitteilung. Alle Optionen müssten sorgfältig und systematisch geprüft werden. "Ich bin mir der Unsicherheit bewusst, die viele empfinden."

(cash/Agenturen)